Ratgeber
Abitur-Vorbereitung trotz Corona: So klappt‘s
Ihre Schüler haben Angst vor der Abiturprüfung? Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie den Abiturienten die Angst vor Prüfung, Corona-Krise & Co. nehmen!
Tipps für weniger Angst vor dem Abitur – nicht nur im Corona-Krisen-Jahr
Das Herz schlägt bis zu den Ohren. Der Puls geht hoch. Die Hände sind schweißnass und zittern. Das Gefühl: Ein Elefant steht auf der Brust. Und dann schon wieder das ständige auf die Toilette rennen… Kommt Ihnen das bekannt vor? Nein, es geht hier nicht um den Bammel am Hochzeitstag, sondern um die Angst vor der kommenden Abiturprüfung.
Auch wenn dieser Tag schon lange zurückliegen mag, schrecken sogar heute noch Erwachsene aus Albträumen wach, in denen sie unvorbereitet ins Mathe-Abi gehen – alptraumgerecht natürlich ohne Unterwäsche!
Ein Grund zum Schmunzeln – sicherlich: Wenn der Tag des Abiturs schon lange zurück liegt. Doch für viele Schüler ist es gerade in diesen Tagen das erste Mal so weit. Die heiße Phase der Abiturvorbereitung geht für viele Klassen in die entscheidende Phase oder hat schon begonnen, die nächste Generation bekommt ihr jahrelang gesammeltes Wissen in den Prüfungen abgeklopft. Heuer allerdings mit einem kleinen, aber feinen Unterschied. Denn wir befinden trotz schrittweiser Lockerungen, Geschäfts- und Sportstättenöffnungen noch immer in einer bundesweiten Ausnahmesituation. Die weltweite Corona-Pandemie ist weiterhin allgegenwärtig.
Und jetzt kommen Sie als Lehrer ins Spiel. Stellen Sie sich mal vor, wie es Ihnen als junger Erwachsener gegangen wäre. Prüfungsangst und zusätzlich die Angst vor einer schweren Krankheit, die am Beatmungsgerät enden kann. Ganz schön heftig, oder?
Viele Schüler haben also Angst. Doch anstatt mit dem nächsten Desinfektion-Vorschrifts-Pamphlet zu kommen, möchten Sie als Lehrer Ihren Schützlingen doch lieber wirklich helfen, diese Angst in den Griff zu bekommen. Und das vielleicht nicht nur dieses Jahr, sondern auch im kommenden, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat – die alljährliche Angst vor den Abiturklausuren aber weiterhin „grassiert“.
Wenig hilfreich: „Mach dir nicht so ins Hemd!!
Um Angst richtig entgegen zu wirken, muss man erstmal verstehen, was Angst eigentlich ist. Denn an sich ist Angst auch etwas Gutes – ein notwendiges Grundgefühl und ein Alarmsignal. Unser Körper reagiert auf eine unbekannte, neue oder bedrohliche Situation. Um (mal ganz martialisch ausgedrückt) entweder flucht- oder kampfbereit zu sein und dadurch schlussendlich zu überleben.
Nachdem heutzutage aber keine Säbelzahntiger mehr durch den Großstadt-Dschungel streifen, ist es sinnvoll, sich mit dem Thema Angst auseinanderzusetzen. Um im Ernstfall richtig reagieren zu können. Oder wie im Fall der Lehrenden: Um den eigenen Schülern handfeste Tipps mitgeben zu können, wie sie entspannter durch die Abiturprüfung kommen. Denn kurz vor der Abschlussprüfung hilft „Flucht“ als Überlebensstrategie deutlich weniger als vor dem Moment, in dem der Säbelzahntiger zugebissen hätte. Dieser Angst müssen sich die Schüler stellen und deshalb lernen, damit richtig umzugehen.
Wie das geht? Dafür gibt es viele Ansätze. Wir haben einmal die magischen drei „K“ zusammengestellt, mit denen sich nicht nur akute Ängste besser meistern lassen. Denn diese Tipps bringen auch langfristig mehr Gelassenheit ins Leben und den Unterricht Ihrer Abschlussklassen.
Abitur-trotz-Corona-Tipp #1
K wie Konfrontation. Das heißt: Den Ernstfall üben. Schüler sollten mit Ihren Eltern zu Hause oder mit Ihnen als Lehrer die Prüfungssituation simulieren, um lockerer in die eigentliche Prüfung zu gehen. Ein Raum, dieselbe Prüfungszeit, ähnliche Klausuraufgaben. Mit Elternteilen oder Lehrern, die schweigend als „Prüfer“ anwesend sind. Wer‘s schon mal erlebt hat, findet die reale Prüfung fürs Abi meist weniger schlimm. Falls noch nicht geschehen: Probieren Sie es aus!
Abitur-trotz-Corona-Tipp #2
K wie Kommunikation. Auch wenn Jugendliche im Regelfall nicht dafür bekannt sind, gerne über ihre Gefühle und Ängste zu sprechen, gilt: Gerade in der aktuellen Situation ist es besonders sinnvoll, immer wieder darauf hinzuweisen, dass man als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Reden löst bekanntermaßen Probleme besser als Schweigen. Sprechen Sie die Jugendlichen einfach direkt an: Was macht dir Angst? Und dann sprechen Sie miteinander. Denn niemand ist ohne Ängste oder Sorgen.
Abitur-trotz-Corona-Tipp #3
K wie Konditionierung. Es mag zwar sein, dass wir in einer super fortschrittlichen, digitalen Welt leben. Doch unser Gehirn ist häufig immer noch das eines prähistorischen Primaten. Genau das können wir uns aber zu Nutze machen! Denn unser Oberstübchen kann deshalb noch immer regelrecht umprogrammiert werden. Mit gezielter, wiederholter Belohnung in einer Angstsituation können Ängste langfristig im Gedächtnis überschrieben werden.
Für die Abiturprüfungen heißt das zum Beispiel, Simulationsprüfungen zu durchlaufen und dabei immer wieder die Lieblings-Schoki zu knabbern oder die Lieblings-Limo zu trinken. Klingt zu simpel? Funktioniert aber!
„Das schaffe ich NIE!“ – Auch in diesem Jahr dreht sich das Versagensangst-Karussell vieler Schüler munter vor sich hin
Als Lehrer hat man eine Vorbildfunktion. Und deshalb ist es gerade als Pädagoge besonders wichtig, mit dem Thema Angst professionell umzugehen. Hier eine kleine Checkliste, um möglichst verständnisvoll und fähig auf diese ganz spezielle Ausnahme-Situationen zu reagieren.
- Zuhören – Signale von Jugendlichen wahrnehmen und Ängste schildern lassen. Zu diesem Zeitpunkt ist noch keine Lösung notwendig.
- Eigene Gefühle kontrollieren – auch wenn es bei Themen wie Corona schwerfallen mag. Sie als Lehrende sind aber der Fels in der Brandung und dürfen Ihren persönlichen Emotionen keinen Raum lassen. Zumindest nicht im Gespräch mit einem Schüler.
- Mut machen – erzählen Sie von den Generationen ehemaliger Abiturienten, die sich in derselben Situation befunden haben und es auch geschafft haben. Und das sind viele!
- Zutrauen – den jungen Erwachsenen klarmachen, dass sie bereits 12 oder 13 Jahre Schulbildung „intus“ haben und es bis zu diesem Punkt auch geschafft haben. Sie können sich die Abi-Prüfungen also ruhig zutrauen.
- Realitätscheck – damit sind nicht (nur) harte Fakten gemeint. Sondern auch ein Nachhaken, woher die Angst denn wirklich kommt. Manchmal stehen nämlich auch beispielsweise die Eltern dahinter, die Druck machen. Oder auch Druck, den man sich als Schüler selbst macht. Etwa um möglichst schnell zu studieren oder von zu Hause ausziehen zu können.
- Stories – Nein, nein. Nicht das Blaue vom Himmel erzählen, sondern persönliche Beispiele anbringen von Menschen aus der direkten Umgebung, die sich in einer ähnlichen Situation befanden und es bewältigt haben.
- Geduld – denn Angst ist irrational. Deshalb hilft nur ständiges Wiederholen von bereits Gesagtem – und das erfordert Geduld.
Form der (Abitur-)Angst erkennen – und richtig reagieren
Besonders wichtig: In Gesprächen sollten Sie als Lehrer erkennen, welche Form von Angst den Schüler tatsächlich treibt, um entsprechend reagieren zu können. Dabei können Sie sich an den vier Grundformen der Angst orientieren, um kompetent einen Dialog zu starten. Diese sind in heruntergebrochener Form:
- Die Angst vor der Selbsthingabe: Ich-Verlust und Abhängigkeit: "Ja, das macht Angst": Mit glaubwürdiger Hingabe ein schwieriges Gespräch eröffnen. Der Schüler fühlt sich sofort aufgehoben und weiß, dass er mit seinem Problem an der richtigen Adresse ist.
- Die Angst vor der Notwendigkeit: Endgültigkeit und Unfreiheit: "Ja, ich kann verstehen, dass es dir schwerfällt, mir zu glauben": Ein Jugendlicher lebt in seiner eigenen Realität und glaubt einem Erwachsenen nur ungern, dass bereits Tausend andere Schüler vor ihm dasselbe durchlebt haben. Vermitteln Sie dafür Verständnis!
- Die Angst vor Wandlung: Unsicherheit und Vergänglichkeit: "Ja, ich kann dir nicht sagen, wie es werden wird": Das Fundament des Gespräches muss ein Ehrliches sein.
- Die Angst vor der Selbstwerdung: Ungeborgenheit und Isolierung: Und last but not least – das Wichtigste: "Ja, du kannst dir vertrauen! Ja, du kannst deinen Weg gehen". Stellen Sie Ihren Zögling also wieder auf die Hinterpfoten und klopfen ihm den Staub von den Schultern. Egal, wie diese Prüfung ausgeht, das Leben geht immer weiter.
Obwohl Sie sich voll ins Zeug gelegt haben, kann es immer noch Schüler geben, die bei diesen Anti-Angst-Systemen nicht "anbeißen". Um auf diese Härtefälle richtig zu reagieren, kann es daher auch sinnvoll sein, mit den Erziehungsberechtigten ein Gespräch zu führen.
Denn Schüler, die ernsthafte Probleme mit Angstzuständen oder Depressionen haben – oder mit anderen psychischen Problemen kämpfen – sind im Regelfall nicht mit einem gut gemeinten Gespräch zu beruhigen. Sowohl für sie, als auch für die Eltern, gibt es daher offizielle Anlaufstellen, wie zum Beispiel die der deutschen Depressionshilfe.
Noch ein wichtiger Angstkiller: Offizieller Umgang mit der Ansteckungsgefahr
Auch wenn das Thema sich bereits völlig „ausgelutscht“ anfühlt: Es ist trotzdem wichtig, sich an die offiziellen Hinweise und Regelungen zur Hygiene zu halten, damit die Ansteckungsgefahr während der Corona-Abiturphase für Schüler und Lehrkräfte möglichst gebannt bleibt.
An diese Schutzmaßnahmen kann sich jeder ganz einfach halten, damit der Präsenzunterricht und die Abitur-Prüfungen 2020 auch sicher und gesund verlaufen:
- Hygiene: Hände waschen und Desinfektionsmittel nutzen
- Schüler und Lehrer nur in Gruppen bis zu 15 Personen pro Klassenraum
- Keine „Kaffeeklatsch-Grüppchen“ mit Mitschülern auf dem Weg zur Schule
- Körperkontakt meiden: kein Händeschütteln!
- Abstandsbemessungen auf dem Boden markieren
- Lerngruppen eher digital stattfinden lassen
- Mundschutz oder Masken auch in der Schule tragen
- Nur eigene Sachen benutzen und keine Stifte oder Ähnliches leihen
- Wer sich krank fühlt, Symptome des Coronavirus zeigt, bleibt daheim & konsultiert einen Arzt
- Regelmäßig die Klassenräume lüften
Gut zu wissen:
Auch wenn nicht in allen Bundesländern eine Maskenpflicht gilt, wäre es sicherlich eine gute Idee, wenn alle Schüler und Lehrer trotzdem eine Maske tragen – getreu dem Motto #AbiMitAbstand.
Was diese Punkte angeht, sollten Lehrer wie auch Schulleiter wiederholt an die Vernunft und Eigenverantwortung von Schülern und Kollegium appellieren. Denn werden diese Punkte verinnerlicht, dient es allen.
Zudem sollte das Putzpersonal viel berührte Bereiche wie Türklingen, Handläufer von Treppen und Lichtschalter engmaschig desinfizieren, damit auch dort eine mögliche Ansteckung ausgeschlossen werden kann.
Für uns bleibt nun nur noch, Ihren Prüflingen bei den letzten Vorbereitungen zum Abschluss viel Glück und Erfolg zu wünschen. Man braucht immer beides. Mitnehmen müssen die Abiturienten glücklicherweise nicht viel: Papier wird ja ohnehin massig gestellt. Dazu sollen es möglichst viele Kugelschreiber und Textmarker sein. Und die richtige Nervennahrung: Also Nüsse, Bananen, Traubenzucker und das klassische Butterbrot von Mama. Damit der Durst nicht plagt, Wasser und Cola. Und teilen Sie am besten den Raum noch einmal mit: Nicht, dass sich in der Aufregung ein Abiturient verläuft.