Tarif- und Beitragsanpassungen: Hilft ein neuer (Versicherungs-)Vertrag?

So viel schon mal vorweg: Beitrags- und Tarifanpassungen gibt’s überall. Und oft sind sie auch wirklich nötig. Denn gerechtfertigte (und gerechte) Beitragserhöhungen haben lediglich die Aufgabe, die versprochene Leistung, sei es nun Strom, Wasser oder zum Beispiel die Gebäudeversicherung, auch weiter im gewohnten Umfang erbringen zu können – auch wenn die äußeren Umstände wie Rohstoffkosten oder Steuern steigen.

Damit man als Verbraucher oder Verbraucherin dabei keinesfalls (und womöglich aus womöglich „fadenscheinigen“ Gründen) über den Tisch gezogen wird, dürfen derartige Beiträge jedoch nur unter festen gesetzlichen Vorgaben erhöht werden. Und: Wenn’s teurer wird als vertraglich vereinbart, haben Sie in fast allen Fällen ein Sonderkündigungsrecht. Das sollten Sie aber niemals einfach nur aus Verärgerung darüber in Anspruch nehmen, dass ein Beitrag angepasst werden muss. Denn oft lohnt sich ein kompletter Wechsel nämlich noch viel weniger. 

Wir erklären daher in diesem Ratgeberbeitrag, wann sich (schon allein rechnerisch) bei einem Aufschlag ein Wechsel lohnt – und wann eher nicht. Und ja: Das gilt natürlich auch für unsere Verträge.

Warum werden Versicherungen teurer?

Sehen wir uns das Phänomen der Preis- und Beitragsanpassungen mal an einem Beispiel an, das die meisten Deutschen selbst nur zu gut kennen: Die Beiträge zur Krankenversicherung.

Doch nochmal ganz von vorne: Die medizinische Versorgung in Deutschland mag viel diskutiert sein. Fakt ist: Sie gehört zu den besten der Welt. Die Lebenserwartung der Deutschen klettert immer weiter nach oben, Menschen gehen öfter und länger zum Arzt. Behandlung, Diagnosen und Therapien werden immer teurer. Und trotzdem können wir Deutschen zum Arzt gehen, wann nimmer wir krank sind – und müssen keine utopischen Behandlungskosten wie etwa in den vereinigten Staaten oder vielen anderen Ländern fürchten.

Die unabwendbare Folge einer derart umfassenden – und ständig teurer werdenden – medizinischen Versorgung von knapp 80 Millionen Menschen: Die Krankenversicherungsbeiträge müssen von Zeit zu Zeit angehoben – und damit an die steigenden Kosten – angepasst werden, um das System nicht kollabieren zu lassen. Und das trifft regelmäßig dann sowohl privat als auch gesetzlich versicherte Beitragszahler. Nur eben nicht immer zur gleichen Zeit und in gleicher Höhe.

Die Lösung: Die Versicherung nach Beitragsanpassung wechseln?

Da die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung genau betrachtet jedes Jahr steigen, weil sie sich an den Einkommenszuwachs der Versicherten anpassen, wirken sie in der Entwicklung natürlich viel weniger sprunghaft als die der privaten Krankenversicherungen (PKV). Grundsätzlich heißt das aber auch: Egal ob gesetzlich oder privat versichert: An notwendigen Beitragserhöhungen kommt niemand vorbei – zumindest langfristig. Und egal, bei welchem Anbieter.

Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhung – kann man machen, sollte man sich aber gut überlegen!

Trotzdem ist ein Anbieterwechsel aber genau in diesem Fall möglich. Denn wenn Ihre Krankenkasse oder Ihre Krankenversicherung den (Zusatz-)Beitrag erhöht, haben Sie immer ein sogenanntes Sonderkündigungsrecht.

Kleiner Tipp: Machen Sie die Wahl Ihrer Krankenkasse nicht (ausschließlich) von den womöglich etwas niedrigeren Beiträgen abhängig, sondern vor allem von Zusatzleistungen, die Ihnen besonders wichtig sind. Denn ausgerechnet an der Gesundheit zu sparen – das kann keine Lösung sein.
 

Wann man sonst noch das Recht zum Versicherungswechsel hat

Es gibt neben dem eben erwähnten Sonderkündigungsrecht noch weitere Umstände, durch die man als Versicherungsnehmer oder Versicherungsnehmerin ein außerordentliches Kündigungsrecht geltend machen kann:

  • Beitragserhöhung oder Erhöhung der jährlichen Selbstbeteiligung ohne Anstieg der Versicherungssummen.
  • Der Versicherungsbeitrag bleibt gleich, das Versicherungsunternehmen möchte aber Leistungen reduzieren.
  • Bei Umzug in eine andere Tarifzone: Eine Hausratversicherung lässt sich außerordentlich kündigen, wenn man in eine andere Stadt zieht und der Beitrag durch die Zuordnung in eine neue Tarifzone steigen würde.
  • Beim Kauf eines Hauses kann der Käufer oder die Käuferin die bisherige Wohngebäudeversicherung fürs Haus kündigen (dazu später mehr), beim Autokauf den bisher gültigen Versicherungsvertrag.
  • Beim Tod des Versicherungsnehmers oder der Versicherungsnehmerin (zum Beispiel in einer Familienversicherung).

Noch ein Tipp: Wenn Sie Ihr Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen wollen, achten Sie unbedingt darauf, dass Sie die entsprechenden Fristen einhalten! Diese finden Sie aus den Informationsunterlagen, die Ihnen Ihr Anbieter zur anstehenden Beitragserhöhung zuschickt.

Beitragserhöhung: Wann es sich lohnt zu wechseln – und wann nicht!

Eines ist klar: Ein Vergleich der verschiedenen Versicherungsangebote oder der Konditionen von Strom- oder Telekommunikationsanbietern alle paar Jahre kann sich auf jeden Fall lohnen. Vor allem, wenn sich Ihre persönlichen Lebensumstände geändert haben. Oder aber die berüchtigten „äußeren Umstände“.

Doch was man dabei keinesfalls vergessen sollte: Auf die äußeren Umstände haben auch Dienstleister, Stromanbieter, Telekommunikationsunternehmen und Versicherungen meist nur sehr geringen – in der Regel aber sogar gar keinen Einfluss. Und so müssen sie ihre Vertragsbedingungen immer wieder an die neuen Gegebenheiten, Gesetze, Steuern und Rohstoff- wie auch Arbeitskosten anpassen. Allerdings: Dass – und wie sie das tun – muss nicht nur gut begründet sein. Es wird auch streng überwacht und reglementiert. Gerade im Versicherungsbereich.

Wohngebäudeversicherungen werden teurer – wechseln oder bleiben?

Sehen wir uns ein ganz aktuelles Beispiel an. Denn überall in Deutschland werden die Wohngebäudeversicherungen bedauerlicherweise gerade spürbar teurer.

Der Grund: Die Baupreise steigen enorm an, vor allem durch deutlich höhere Material- und Handwerkerkosten . Gleichzeitig werden sogenannte Elementarschäden nicht nur von Jahr zu Jahr häufiger, sondern auch immer kostspieliger. Sie erinnern sich sicherlich an Hiobsbotschaften wie die Flutkatastrophe im Aartal, die heftigen Hagelstürme in Ost- und Süddeutschland oder die immer häufigeren, extrem verwüstenden Tornados im Westen.

Das alles führt leider auch dazu, dass die auszuzahlenden Schaden- und Versicherungssummen ebenfalls merklich ansteigen werden – und das zu einer Zeit, in der das durch die Beiträge eingenommene Kapital nur noch für sehr überschaubare Renditen sicher angelegt werden kann. Die unausweichliche Folge, so vorausschauend und besonnen ein Versicherer auch mit den Beiträgen wirtschaften mag: Um Beitragsanpassungen kommt die gesamte Branche im Fall der Wohngebäudeversicherungen nicht herum.
Sie merken schon: Ein Versicherungswechsel wird zwar auch in diesen Fällen möglich. Wirklich umgehen werden Hausbesitzer die notwenigen Beitragsanpassungen aber dadurch nicht können. Und denken Sie außerdem an die goldene Versicherungsregel: Wer wenig einzahlt bekommt (meist) auch wenig wieder raus!  
Ein Versicherungswechsel nach einer Beitragserhöhung in der Wohngebäudeversicherung sollte daher nur aus wirklich wichtigen Gründen erfolgen. Etwa wenn Sie befürchten, dass zukünftige Schäden womöglich nicht mehr ohne weiteres übernommen werden, weil sich die Versicherung in Ihrer Kalkulation verschätzt haben könnte.   

Allerdings sprechen vor allem steigende Beiträge eher für vorausschauendes und verantwortungsvolles Handeln Ihrer Versicherung im Sinne aller Versicherungsnehmer.

Und noch ein Tipp: Bevor Sie tatsächlich Ihren bestehenden Versicherungsvertrag kündigen, um zu einem anderen Anbieter zu wechseln, sollten Sie unbedingt ein individuelles Angebot anfordern – und sich das „Kleingedruckte“ aufmerksam durchlesen. Nicht, dass sich später herausstellt, dass Ihr neuer Beitrag womöglich aufgrund eines früheren Schadenfalls (beispielsweise innerhalb der letzten fünf Jahre) doch höher ausfällt als gedacht. 

Fragen Sie zudem auch bei Ihrem Bisher-noch-Versicherer einfach mal nach Treuerabatten oder ähnlichem. Vielleicht gibt es ja doch noch Möglichkeiten, den Vertrag für beide Seiten akzeptabel weiterzuführen. 

Weitere Umstände, unter denen sich ein Versicherungswechsel lohnen kann:

  • Es gibt Ihren bisherigen Versicherungsschutz in vergleichbarer Qualität bei einem anderen Anbieter deutlich (!) preiswerter – und dort ist sicher keine, vielleicht auch etwas spätere Beitragsanpassung zu erwarten.
  • Sie können einen Anbieterwechsel in einen deutlich günstigeren, aber auch schlechteren Tarif im Schadensfall zum Beispiel über genug Eigenkapital abfedern.
  • Sie befürchten, dass Ihre Versicherung Verlustgeschäfte aus anderen Sparten durch Beitragserhöhungen ausgleichen will.

Übrigens: Im Fall der anstehenden Beitragserhöhungen für Wohngebäudeversicherungen ist der letzte Grund ziemlich unwahrscheinlich. Denn leider zählt die ganze Sparte nicht unbedingt zu den größten Gewinnbringern der meisten Versicherungsunternehmen. Eher im Gegenteil.
 

Gut zu wissen - vor allem für Vermieter

Die Wohngebäudeversicherung gehört laut Betriebskostenverordnung ( BetrKV) zu den umlagefähigen Nebenkosten. Vermietende können die anfallenden Versicherungsbeiträge über die „Betriebsausgaben zur Vermietung und Verpachtung“ daher ohnehin auf Ihre Mieter umlegen.