Ratgeber
Arbeiten trotz Krankschreibung: Was ist erlaubt?
Darf man trotz Krankschreibung arbeiten? Was erlaubt ist, welche Risiken drohen – und wie Sie sich bei Konflikten rechtlich absichern können.
Arbeiten trotz Krankschreibung: Das sagt das Arbeitsrecht
Viele Menschen gehen davon aus, dass eine Krankschreibung automatisch ein Arbeitsverbot bedeutet. Das ist jedoch nicht der Fall. Aus rechtlicher Sicht stellt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) lediglich eine medizinische Einschätzung dar, dass eine Person zum Zeitpunkt der Untersuchung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie dient als Beweismittel gegenüber dem Arbeitgeber und der Krankenkasse, ist aber kein gesetzliches Arbeitsverbot.
Rechtlich erlaubt: Rückkehr vor Ablauf der Krankschreibung
Wer sich während der Krankschreibung wieder gesund fühlt, darf in der Regel also grundsätzlich wieder arbeiten – auch ohne ein neues ärztliches Attest. Eine sogenannte Gesundschreibung ist rechtlich nicht vorgesehen, kann aber bei manchen Unternehmen üblich sein.
Allerdings gilt dabei: Die Entscheidung sollte gut überlegt sein. Denn wer sich überschätzt oder zu früh wieder einsteigt, riskiert Folgeprobleme – etwa eine Verschlechterung der Erkrankung oder rechtliche Risiken, wenn durch die verfrühte Rückkehr ein Schaden im Betrieb entsteht. Entscheidend ist also nicht die Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf dem Papier, sondern ob es aus medizinischer Sicht vertretbar ist, dass Sie arbeiten.
Rechtlich nicht erlaubt: Arbeitszwang bei Krankschreibung
So sehr der Betrieb auch auf Mitarbeit angewiesen ist: Arbeitgeber dürfen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nicht verlangen, dass sie arbeiten, wenn eine Krankschreibung vorliegt. Das würde gegen die Fürsorgepflicht verstoßen. Wer sich trotzdem unter Druck gesetzt fühlt, kann sich beim Betriebsrat oder einer Gewerkschaft Hilfe holen – oder den Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
Elektronische Krankmeldung (eAU): So vermeiden Sie Abrechnungsprobleme
Seit Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) müssen Arbeitnehmer ihre Krankmeldung nicht mehr in Papierform beim Arbeitgeber einreichen. Der Arzt übermittelt die Daten digital an die Krankenkasse; der Arbeitgeber ruft diese anschließend selbst elektronisch ab.
Doch Achtung: Der Arbeitgeber sieht nur den Zeitraum der Krankschreibung, nicht die Diagnose – und erhält die Daten nicht automatisch, sondern erst, wenn er sie abfragt. Dadurch kann es vorkommen, dass die Krankenkasse und der Arbeitgeber unterschiedliche Zeiträume erfassen – zum Beispiel, wenn eine Krankschreibung verlängert oder verspätet übermittelt wurde.
Damit es nicht zu falschen Lohnabrechnungen oder Rückforderungen kommt, sollten Sie Folgendes beachten:
- Krankheit sofort melden: Informieren Sie den Arbeitgeber unverzüglich über Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit – auch wenn die eAU digital läuft.
- Änderungen mitteilen: Wird Ihre Krankschreibung verlängert oder korrigiert, geben Sie grundsätzlich Bescheid.
- Nachfragen erlaubt: Wenn Sie merken, dass sich Angaben bei Lohnfortzahlung oder Krankengeld unterscheiden, wenden Sie sich an die Krankenkasse oder Personalabteilung.
- Dokumentieren: Notieren Sie sich Daten und ärztlichen Bestätigungen (zum Beispiel Verlängerungen), um bei Rückfragen Nachweise zu haben.
So stellen Sie sicher, dass alle Daten übereinstimmen – und Ihre Entgeltfortzahlung oder das Krankengeld korrekt berechnet werden.
Die elektronische Krankschreibung gilt nicht in folgenden Fällen:
- Krankheit eines Kindes (Kinderkrankengeld)
- Bei Privatversicherten und Privatpraxen
- Krankmeldungen aus dem Ausland
- Beschäftigungsverboten
- Rehabilitation und beruflicher Wiedereingliederung
- Minijobs in Privathaushalten
Häufige Fragen zum Arbeiten trotz Krankmeldung
Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, warum ich krank bin?
Nein, Sie müssen Ihrem Arbeitgeber nicht Ihre Diagnose mitteilen. Die Krankschreibung enthält keine Angabe zur Krankheit; das ist Privatsache. Wer jedoch trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeiten möchte, wird meist eine kurze Info geben müssen, damit der Arbeitgeber die Dauer der Abwesenheit abschätzen kann.
Bin ich während der Krankschreibung versichert, wenn ich wieder arbeite?
Ja, sobald Sie aktiv zur Arbeit zurückkehren, sind Sie ganz normal unfall- und krankenversichert, wie alle anderen Beschäftigten auch. Der Versicherungsschutz gilt unabhängig von der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – vorausgesetzt, Sie sind aus sind aus gesundheitlicher Sicht arbeitsfähig.
Was, wenn ich während der Krankmeldung Arbeiten zu Hause erledige?
Homeoffice während der Krankschreibung ist aus rechtlicher Sicht erlaubt, solange die Tätigkeit Ihrer Genesung nicht entgegensteht. Wer etwa wegen eines verstauchten Fußes krankgeschrieben ist, aber im Sitzen arbeiten kann, kann auf freiwilliger Basis aus dem Homeoffice arbeiten. Konsultieren Sie im Zweifel am Besten Ihren behandelnden Arzt oder Ihre Ärztin.
Was passiert mit meinem Lohn, wenn ich trotz Krankschreibung (AU) arbeite?
Sobald Sie wieder arbeiten, besteht Anspruch auf das normale Gehalt. Parallel gezahltes Krankengeld der Kasse muss dann allerdings zurückgezahlt werden, sofern Sie Ihre Krankenkasse nicht rechtzeitig informiert haben.
Kann ich auch stundenweise wieder einsteigen?
Ja, ein stufenweiser Wiedereinstieg ist grundsätzlich möglich. Dieser sollte aber unbedingt ärztlich begleitet und mit Arbeitgeber sowie Krankenkasse abgestimmt werden.
Arbeiten trotz Krankengeld?
Wer Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse bezieht, darf während der Krankschreibung nicht arbeiten, ohne dies vorher mit der Kasse abzustimmen. Denn Krankengeld wird nur gezahlt, wenn eine nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit besteht. Sobald Sie (zum Beispiel im Homeoffice) wieder arbeiten, erlischt der Anspruch – auch wenn Sie noch krankgeschrieben sind.
Arbeiten Sie trotzdem und beziehen weiter Krankengeld, drohen Rückforderungen, eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst und im schlimmsten Fall eine Anzeige wegen Leistungsbetrug. Unser Tipp: Lassen Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit vom Arzt oder von der Ärztin vorzeitig beenden und informieren Sie Ihre Krankenkasse rechtzeitig, bevor Sie wieder arbeiten.
Mögliche Konflikte mit Arbeitgeber: Unterstützung durch die Rechtsschutzversicherung
Nicht immer verläuft alles reibungslos. Manche Arbeitgeber bestehen trotz Krankschreibung auf Arbeitsleistung oder sprechen Abmahnungen aus, wenn Beschäftigte nicht erscheinen. Für solche Fälle ist es oft sinnvoll, eine Rechtsschutzversicherung zu haben.
Die Versicherung unterstützt Arbeitnehmer und -nehmerinnen in Streitfällen rund um das Arbeitsverhältnis – vorausgesetzt Sie haben beim Abschluss die Absicherung für den beruflichen Bereich inkludiert.
Typische Leistungen sind zum Beispiel:
- Übernahme von Anwalts- und Gerichtskosten bei arbeitsrechtlichen Konflikten
- Rechtsberatung bei Abmahnungen, Kündigungen oder Problemen mit dem Arbeitszeugnis
- Telefonische Erstberatung durch Fachanwälte, häufig schon bevor ein Gerichtsprozess notwendig wird
Damit haben Beschäftigte eine wichtige Absicherung, wenn es beim Thema Krankschreibung oder in anderen arbeitsrechtlichen Fragen zu Konflikten mit dem Arbeitgeber kommt.
Arbeiten trotz Krankschreibung: Fazit
Wer trotz Krankschreibung arbeiten will oder soll, bewegt sich in einem rechtlichen Graubereich, der wohlüberlegt sein will. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist kein Arbeitsverbot – aber auch kein Freifahrtschein, jederzeit wieder loszulegen. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, Ihre Ärztin oder Ihren Arzt – und klären Sie alles transparent mit Ihrem Arbeitgeber und Ihrer Krankenkasse. Wer dann zusätzlich mit einem passenden Rechtsschutz abgesichert ist, kann auch in schwierigen Fällen gelassener bleiben.