Argumente für digitale Medien im Kinderzimmer

Junge Eltern kennen das Problem: Schon sehr früh sind Kinder am Smartphone von Papa oder Mama interessiert, oft mehr als an altersgerechtem Spielzeug – oder gar an den Eltern selbst. Dass es aber keine gute Idee ist, Handy oder Tablet ohne weiteres an die Kleinen weiterzugeben, ist hoffentlich klar. Ob es nun andererseits die richtige Lösung ist, Kindern den Umgang mit neuen digitalen Medien gänzlich zu verbieten, darüber scheiden sich die Geister.

Medienexperten betonen, dass es wichtig ist, Kinder möglichst früh darin zu schulen, sich in der “neuen Welt” zu orientieren. Andererseits ernten Eltern, deren Kind beim Restaurantbesuch unaufhörlich ins Handy glotzt, bisweilen mehr als kritische Blicke.

Egal, auf welcher Seite Sie sich befinden: Die folgenden Argumente, die für eine kontrollierte Mediennutzung bei Kindern sprechen, sind keinesfalls eine Aufforderung, genau das zu tun! Sie ersetzen weder einen pädagogischen Ratgeber, Ihre elterliche Kompetenz oder wollen gar als Leitfaden dienen.

Im Gegenteil: Zu jedem Argument gibt es triftige Gegenargumente, wenn nicht zumindest wichtige Einschränkungen.

Was Sie aus diesem Text ganz sicher mitnehmen werden: Spannende Anregungen für konstruktive Diskussionen zum Thema “Kinder und Mediennutzung”.

Kinder vor Handys und Tablets: Das spricht dafür

  1. Verbote sind keine Lösung: Bereits jedes zweite Kind im Alter von sechs bis sieben Jahren nutzt ein Smartphone, so das Ergebnis einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2019. Mit elf Jahren halten fast alle Kinder (90 Prozent) zumindest gelegentlich das Handy in der Hand. Verbote scheinen also entweder nicht sehr beliebt zu sein – oder wenig zu fruchten. Spätestens in der Pubertät wird ein generelles Verbot von Tablet oder Handy auf taube Ohren stoßen. Wie auch sollen wir uns oder unseren Kindern erklären, dass es in Ordnung ist, in den Fernseher zu starren, aber ein kindgerechtes Video auf dem Handy anzusehen nicht möglich sein soll? Denn, auch das ist das Ergebnis der Studie: Videos auf den mobilen Endgeräten zu schauen, das ist in allen Altersklassen zunächst am beliebtesten. Angesichts der Tatsache, dass auch viele Eltern ständig vor dem kleinen Bildschirm ihres Handys kleben, gilt es vielleicht, das eigene Medienverhalten ebenso zu hinterfragen wie das der Kinder. Und vielleicht, bevor man mit absoluten Verboten scheitert, (ab einem gewissen Alter) sollte man die Nutzung von Handy oder Tablet lieber an bestimmte Voraussetzungen knüpfen. Dazu später mehr.
  2. Unterstützung in der kognitiven, motorischen und emotionalen Entwicklung: Es gibt Pädagogen, die bei Kindern vor Tablets nicht gleich ans Schlimmste denken, sondern auch Vorteile erkennen können. Auch digitales Memory kann die Hand-Augen-Koordination verbessern. Märchen und Geschichten anzusehen oder zu hören, in denen kindgerechtes Wissen vermittelt wird, kann durchaus sinnvoll sein. Studien, die sich mit dem konfliktträchtigen Thema Videospiel beschäftigen, kommen sogar zu dem Ergebnis, dass moderates Spielen bis zu einer Stunde am Tag zu einer höherem Lebenszufriedenheit führt – ebenso wie es klassische Gesellschaftsspiele auch könnten. Und Gedächtnisspiele haben einen nachweislich positiven Einfluss auf die Informationsverarbeitung der Spieler oder Spielerinnen.
  3. Kindgerechtes Lernen: Es gibt mittlerweile einige kindgerechte Tablets auf dem Markt sowie unzählige Lern-Apps, mit denen Kinder gezielt gefördert werden können. Einige sind so gut gemacht, dass Kinder wie nebenbei lernen und mit mehr Spaß bei der Sache sind, als wenn sie von Papa beim Abendessen noch mit Englischvokabeln gequält würden. Es gibt Studien, die bestätigen, dass Kinder zwischen drei und fünf Jahren durch die pädagogisch hochwertige Sendung „Sesamstraße“ neue Worte dazulernen. Ob Ihr Kind aber gerade etwas lernt oder überfordert wird, das hängt neben dem Alter Ihres Kindes sehr von der Qualität des Lernangebots ab. Das muss altersgerecht aufbereitet und einfach aufgebaut sein. Überladene, hektische Apps sind gerade für kleine Kinder ein No-Go. Wichtig auch: Gute Lern-Apps kosten meist etwas, sind dafür aber werbefrei.
  4. Förderung der Kreativität: Malen, Musik und Fotos machen, Videos drehen – auch das ist mit dem Smartphone oder dem Tablet möglich. Das Gute daran: Die Werke können in mehreren Versionen und Stadien gespeichert werden oder wiederhergestellt werden, was zum Experimentieren und Ausprobieren ermutigt. Fehler zu machen und sie korrigieren zu können, das ist ein Ausgangspunkt von Lernprozessen. Häufig oder bisweilen ist der Griff zur Mal-App die bessere Lösung, wenn die Zeit beschränkt ist. Immerhin müssen keine Pinsel ausgewaschen werden!
  5. Umgang mit “neuen Medien”: Technik zu verstehen und anzuwenden, auch das muss ein Kind unserer Zeit lernen. Wenn Ihr Kind schon in dem Alter ist, dass es Handy oder Laptop allein bedienen darf, werden Sie sicher schon beobachtet haben, wie schnell die Kleinen Funktionsweisen der Geräte täglich besser verstehen und welche Freude sie daran haben, nach Lösungen zu suchen, sollte etwas nicht funktionieren. Ganz anders als wir, die wir die Geräte manchmal am liebsten aus dem Fenster werfen würden! Die Angst, dass der Nachwuchs der “Internetsucht” verfällt, kann vielleicht gerade dadurch abgemildert werden, wenn das Gerät nicht zum unerreichbaren Sehnsuchtsobjekt stilisiert wird, sondern wenn Funktionsweisen früh verstanden werden und Ihr Kind sich darin übt, sie achtsam zu nutzen. Die Fähigkeit, Gefahren neuer Medien zu erkennen und im Internet respektvoll miteinander umzugehen, ist ebenso Teil einer Medienkompetenz, von der viele Jugendliche mehr zu haben scheinen als so mancher Erwachsener.
  6. Nicht anders, nur neu: Ein kindgerecht eingestelltes Smartphone hat nur jene Funktionen, die Eltern ermöglichen. Und so kann es gut sein, dass das Handy lediglich als Foto- oder Videokamera, Lupe oder Malbuch (in einem) dient. Was eher platzsparend und praktisch, also entwicklungsschädigend ist. Und das Handy- oder Tabletspiel “Minecraft” ist, wenn man es so sieht, auch nicht viel mehr als eine moderne Legokiste. Mussten sich Schüler und Schülerinnen früher durch den Brockhaus blättern, können sie heute eben Informationen über Google einholen. Und vor lauter sarter Möglichkeiten darf man nicht vergessen, dass ein Handy immer noch auch ein Telefon ist – und ein (Video-)Anruf bei einem lieben Menschen für die Kinder von heute genauso (un)wichtig ist wie es das in Ihrer Kindheit schon war.
  7. Kontaktpflege: Damit kommen wir zu einem klaren sozialen Vorteil von Smartphone oder Tablet fürs Kind: Eindeutig war es nie so einfach und günstig, mit Menschen aus aller Welt Kontakt zu halten und Netzwerke zu nutzen und aufzubauen! So kann die Oma den Enkel virtuell auf eine Safari in Afrika mitnehmen und berufstätige Elternteile können sich kurz aus dem Büro stehlen, um dem Sohnemann zum Mathe-Einser zu gratulieren, nachdem die Schulaufgabe gerade als Foto auf dem Handy gelandet ist. Dass beim großen Videoanruf daheim die Familie gemeinsam vor den Bildschirmen sitzt, ist sicher kein Nachteil der neuen Medien!
  8.  Auch Eltern erwerben Medienkompetenz: Dass an Weihnachten die Jüngeren die Älteren besuchen, um nach dem Festschmaus Internetverbindung oder PC auf Vordermann zu bringen, ist schon keine Neuigkeit mehr. Wie wäre es also, das Interesse des Kindes an Handy oder Tablet als gute Möglichkeit aufzugreifen, gemeinsam zu lernen? Dass das Internet kein reines Teufelswerk ist, darüber sind wir uns doch eigentlich einig. Für ein jüngeres Familienmitglied ist es ein schönes Gefühl, auch mal schlauer als Mama oder Papa sein zu können. Und wer gut zuhört, kann tatsächlich Wissen abgreifen, an das Kinderlose nur schwer kommen...
  9. Gemeinsame Zeit: Was uns zum letzten Punkt der Argumente für die Mediennutzung von Kindern bringt! Auch am Handy oder Tablet gibt es für Eltern und Kinder gemeinsam viel zu entdecken, zu spielen und zu lernen. Dass Familienpläne unkompliziert und mit allen Beteiligten über die modernen Endgeräte geschmiedet werden können, kann auch ein echter sozialer Vorteil sein. Auch bei Medienkonsum gilt "Qualität vor Quantität".

Gut zu wissen:

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Kinder vor Handys und Tablets – das müssen Sie beachten

Alle oben genannten Punkte sind nur dann gute Gründe dafür, dass Ihr Kind vorm Handy oder Tablet sitzt, wenn:

  • Sie ein "medienpädagogisches" Lernziel formuliert haben
  • Ihr Kind mindestens zwei, eher drei Jahre alt ist: Davor, so sagt es die Wissenschaft, können Kinder in keiner Form von digitalen Inhalten profitieren. Stattdessen können durch Handy- oder Tablet-Nutzung die Entwicklung von Sprache und Motorik stören
  • Wenn es klare Regeln für Bildschirmzeiten gibt, wie lange was genutzt werden darf, und diese eingehalten werden können
  • Geräte und Apps samt Inhalten altersgerecht sind
  • Wenn Sie Ihr Kind nicht einfach vorm Gerät parken. Gegen Langeweile oder für Alltagsprobleme gibt es (fast) immer bessere Lösungen!
  • Wenn Sie die unterschiedlichen Funktionsweise der Geräte überblicken, so dass Sie verhindern können, dass Ihr (kleines) Kind freien Zugang ins Internet hat oder Werbung eingeblendet wird  

Denken Sie daran: Trotz all der wilden Drohungen und stärkerer Kontrolle – keiner von uns hat vom Fernsehen in der Kindheit eckige Augen bekommen. Ähnlich verhält es sich bei der Medienerziehung rund um Computer, Tablet oder Handy. In unserem Erwachsenen-Alltag spielen sie meist eine derart große Rolle, dass es unehrlich wäre, sie unseren Kindern gegenüber gänzlich zu verteufeln.

Der beste Schutz vor den Gefahren, die von den Geräten zweifelsfrei ausgehen, ist es, sich mit den neuen Medien vorurteilsfrei, aber verantwortungsvoll zu beschäftigen – am besten, je nach Alter, gemeinsam mit dem Kind (oder dem Jugendlichen)!