 
Ratgeber
Versicherungsschutz bei gefährlichen Sportarten
Mountainbike, Klettern, Surfen – Action macht Spaß, birgt aber Verletzungsgefahr. Wer zahlt, wenn etwas passiert? Welche Zusatzversicherungen lohnen sich wirklich?
Risikosport: Warum Sie bei manchen Hobbys mehr Verantwortung übernehmen müssen
Ein Sturz beim Klettern, ein Unfall beim Skifahren oder ein Tauchgang in größere Tiefe kann schwere Folgen haben – körperlich wie finanziell. Statistiken zu Sportunfällen zeigen: Solche Ereignisse passieren häufiger als viele vermuten.
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt das Nötigste. Betroffene bleiben auf Kosten sitzen: Barrierefreier Umbau der Wohnung, Ausgleich von Verdienstausfall oder kostspielige Reha-Maßnahmen zahlen Sie selbst.
Dieser Beitrag zeigt, welche Sportarten als gefährlich oder extremer Risikosport gelten und welche Versicherungen nach einem Unfall zahlen.
Welche Sportarten gelten als gefährlich – und welche als Extremsport?
Auf der Skipiste, in der Kletterhalle oder beim Paragliding – sportliche Aktivitäten bringen Risiken mit sich. Je nach Art und Intensität unterscheiden sich die Risiken deutlich. Doch welche Kriterien sorgen dafür, dass eine Sportart als Risikosport oder als Extremsport eingestuft wird?
Gefährliche Sportarten
Als gefährlich gelten Sportarten, bei denen das Unfallrisiko deutlich über dem Durchschnitt liegt. Außerdem kann das Risiko höher sein, zum Beispiel bei Wettkämpfen. Dort gehen Sie manchmal über Ihre Grenzen hinaus und nehmen mehr Risiken in Kauf, um besonders gute Ergebnisse zu erreichen. Abseits von Wettkämpfen kann das Verletzungsrisiko jedoch beeinflussbar bleiben durch Technik, Erfahrung und geeignete Sicherheitsausrüstung.
Typische Beispiele:
- Reiten (über 40.000 Unfälle jährlich in Deutschland)
- Klettern (auch in der Halle)
- Kampfsportarten wie Boxen, Judo oder MMA
- Skifahren und Snowboarden
- Downhill-Mountainbiking
- Tauchen (ab 40 Meter Tiefe)
- Wildwasser-Kajak (ab Stufe III)
Diese Aktivitäten erfordern Konzentration, Körperbeherrschung und Routine. Verletzungen kommen häufiger vor; dennoch gelten diese Sportarten unter normalen Bedingungen als strukturierbar und planbar.
Extremsportarten
Extremsportarten überschreiten das übliche sportliche Risiko. Sie finden unter besonders herausfordernden Bedingungen statt: In großer Höhe, bei hohem Tempo oder in unwegsamem Gelände.
Dazu gehören häufig:
- Fallschirmspringen und Basejumping
- Paragliding und Drachenfliegen
- Eisklettern oder Freeclimbing
- Extremes Wildwasser-Rafting (Stufe V-VI)
- Motorsport (Kart, Enduro, Rallye)
- Apnoetauchen und Cave-Diving
- Heliskiing und Freeriding abseits gesicherter Pisten
Bei diesen Sportarten begeben Sie sich in außergewöhnlich risikoreiche Situationen. Das macht den Reiz aus – und die erhöhte Gefährdung. In solchen Fällen kann die Versicherung nur mit Einschränkungen, Beitragszuschlägen oder eventuell auch gar nicht abgeschlossen werden, wenn das Risiko für den Versicherer unkalkulierbar ist.
Welche Versicherungen bei Sportunfällen zahlen
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist für alle Pflichtversicherten Grundschutz. Sie übernimmt medizinisch notwendige Behandlungen, die unter die Kassenleistungen fallen. Das gilt bei Sportunfällen – selbst bei gefährlichen oder risikoreichen Aktivitäten.
Die GKV zahlt:
- Notfallbehandlungen und ärztliche Versorgung
- Krankenhausaufenthalte und Operationen
- Arznei-, Heil- und Hilfsmittel im medizinisch notwendigen Rahmen
- Ambulante Reha-Maßnahmen (begrenzt auf 20 Tage)
- Krankengeld nach 6 Wochen (70% vom Brutto, maximal 90% vom Netto)
Die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen keine Folgekosten nach Unfällen, die nicht medizinisch notwendig sind.
Nicht im gesetzlichen Schutz enthalten:
- Verdienstausfall über Krankengeldniveau hinaus
- Bergungskosten (können 4.000 bis 10.000 EUR betragen)
- Langzeit-Reha oder private Therapieangebote
- Barrierefreie Umbauten in Wohnung oder Haus
- Häusliche Pflege oder spezielle Hilfsmittel
- Rücktransporte aus dem Ausland (außerhalb EU)
- Zahnersatz nach Sportunfällen (nur Regelversorgung)
Vereinssport bietet Basisschutz
Mitglieder in Sportvereinen sind über die Sportversicherungen der Landessportbünde unfallversichert. Diese Basisabsicherung greift bei Vereinsaktivitäten, Training und Wettkämpfen. Private Aktivitäten außerhalb des Vereins sind nicht abgedeckt.
Unfallversicherung – wichtig bei dauerhaften Folgen
Eine private Unfallversicherung zahlt, wenn nach einem Unfall dauerhafte gesundheitliche Folgen bleiben.
Die Leistungen umfassen:
- Invaliditätsleistungen (einmalig oder als monatliche Rente)
- Progression erhöht Leistung bei schweren Schäden (350-500% möglich)
- Bergungskosten bis zur vereinbarten Summe (mindestens 10.000 Euro empfohlen)
- Kosmetische Operationen nach Unfällen
- Reha- und Hilfsmittel-Kosten
- Notwendige Umbaumaßnahmen in der Wohnung oder am Haus
- Je nach Tarif Tagesgeld, Krankenhaustagegeld oder Übergangsleistungen
Beim Abschluss einer privaten Unfallversicherung wird lediglich der Beruf abgefragt. Hobbysportarten müssen Sie nicht angeben; deshalb sind auch extreme Sportarten versichert. Eine Ausnahme sind Hobbies, die das Flugrisiko oder das Motorsportrisiko beinhalten, also z.B. Fallschirmspringen, Paragliding, Motorcross und ähnliche. Berufssportler und -sportlerinnen können häufig nicht versichert werden.
Wichtig: Achten sie auf den erweiterten Unfallbegriff und Eigenbewegung. Darüber hinaus sollten die Such-Bergungs- und Rettungskosten ausreichend abgedeckt sein.
Berufsunfähigkeitsversicherung – Risiko und Beitrag hängen vom Hobby ab
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sichert ab, wenn Sie nach einem Unfall, einer Krankheit oder aufgrund von allgemeinem Kräfteverfall nachgewiesen und dauerhaft nicht mehr arbeiten können. Je nach Beruf kann das Risiko für Berufsunfähigkeit höher oder niedriger sein. So haben Personen, die in Ihrem Beruf viel körperlich arbeiten tendenziell ein höheres Berufsunfähigkeitsrisiko. Dazu gehören z.B. Berufe aus dem Handwerk oder in der Pflege. Eine Verletzung kann die Berufsausübung unmöglich machen. Die BU zahlt die vertraglich vereinbarte monatliche Rente. Wenn der Bedarf richtig ermittelt und während der Vertragslaufzeit angepasst wird, sollte die Versicherung das finanzielle Risiko fast vollständig abdecken.
Sportarten mit erhöhtem Risiko führen zu Beitragszuschlägen oder Leistungsausschlüssen für sportbedingte Berufsunfähigkeit oder zu einer kompletten Ablehnung.
Bei Antragstellung müssen alle besonderen Gefahren in der Freizeit (z.B. Teilnahme an Wettbewerben, Rennfahrten, Bergsteigen, Tauchen, Fallschirmspringen, Drachen- oder Gleitschirmfliegen, sonstige Flugaktivitäten, Kampfsport- oder Extremsportarten) angegeben werden – das ist die vorvertragliche Anzeigepflicht. Verschweigen gefährlicher Hobbys kann zu Leistungsverweigerung oder Vertragsrücktritt führen.
Risikolebensversicherung – höhere Beiträge bei Extremsport
Die Risikolebensversicherung zahlt im Todesfall die vereinbarte Summe an die Hinterbliebenen. Gefährliche Hobbys erhöhen das Todesfallrisiko und sind daher beim Abschluss relevant.
Gefährliche Sportarten wie Klettern, Skifahren oder Kampfsport können zu Beitragszuschlägen oder Ausschlüssen führen. Bei Extremsportarten wie Fallschirmspringen, Motorsport oder Basejumping kann es auch zur Ablehnung des Antrags kommen.
Bei Antragstellung sind alle risikoreichen Sportarten anzugeben. Professionelle Ausübung oder Wettkampfteilnahme verschärfen die Einschätzung. Gelegenheitssportler haben grundsätzliche bessere Chancen für eine Annahme als Profisportler. Die Versicherungssumme beeinflusst die Risikoprüfung: Hohe Summen führen zu strengeren Maßstäben.
Grundfähigkeitsversicherung – Alternative für körperlich Aktive
Die Grundfähigkeitsversicherung zahlt bei Verlust wichtiger Körperfunktionen wie Sehen, Hören, Gehen oder Gebrauch der Hände. Sie ist zwar kein Ersatz für Berufsunfähigkeitsversicherung, passt für manche Personen aber gegebenenfalls etwas besser und kann eine gute Möglichkeit sein, die eigene Arbeitskraft abzusichern. Die Risikozuschläge für erhöhte Risiken fallen hier häufig geringer aus als in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Aber auch hier sind Extremsportarten wie Base-Jumping oder Solotauchen unter Umständen nicht versicherbar.
Der Unterschied zur Berufsunfähigkeitsversicherung: Die Risikoprüfung in der Grundfähigkeitsversicherung ist weniger “streng“ als in der Berufsunfähigkeitsversicherung, da unterschiedliche Fälle versichert sind. Leistungen gibt es – anders als bei der BU-Versicherung – wenn Sie eine versicherte Grundfähigkeit verlieren, z.B. gehen, knien, heben und sehen.
Reise- oder Auslandsunfallversicherung – speziell bei Extremsport im Urlaub
Eine Reise- oder Auslandsunfallversicherung übernimmt Kosten bei Sportverletzungen im Urlaub:
- Medizinisch notwendiger Rücktransport (kann 50.000 - 100.000 EUR kosten)
- Erweiterte Behandlung im Ausland
- Bergungskosten weltweit
- Finanzielle Leistung bei dauerhaften Unfallfolgen
Standard-Reiseversicherungen schließen Extremsportarten aus. Bei Fallschirmspringen, Paragliding oder Wildwasser-Rafting prüfen Sie den Einschluss – oder wählen Sie Spezialtarif. Auslandskrankenversicherungen decken nur medizinische Kosten, keine Invaliditätsleistungen.
Private Haftpflichtversicherung – wenn Sie anderen beim Sport schaden
Die private Haftpflichtversicherung zahlt bei Personen- oder Sachschäden, die Sie Dritten aus Versehen zufügen. Sportarten, die Sie privat ausüben, sind in der Privathaftpflicht grundsätzlich mitversichert – unabhängig von der Sportart. Wenn Sie eine Extremsportart ausüben, können Sie sicherheitshalber dennoch bei Ihrem Versicherer nachfragen, ob es dafür Einschränkungen gibt.
Ausschlüsse in der privaten Haftpflichtversicherung kann es bei Jagdsport und bei der Teilnahme an Rennen, z.B. bei Pferde-, Rad- und Kraftfahrzeugrennen geben. Lesen Sie hierzu die jeweiligen Versicherungsbedingungen oder fragen Sie einen Experten oder eine Expertin Ihres Vertrauens.
Achten Sie auf Deckungssumme von mindestens 10 Millionen EUR und klären Sie, ob Ihre Sportart eingeschlossen ist. Schäden bei Vereinsaktivitäten deckt die Vereinshaftpflicht.
Was passiert mit meinem Gehalt, wenn ich mich verletze?
Arbeitnehmer haben bei Krankheit oder Verletzung Anspruch auf Lohnfortzahlung für sechs Wochen. Danach erhalten Sie von der Krankenkasse ein Krankengeld.
Vorsicht bei grober Fahrlässigkeit: Verhalten Sie sich beim Sport grob fahrlässig – ohne Schutzausrüstung, unter Alkohol oder missachten Sie Sicherheitsvorschriften – kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern (§ 3 EFZG). Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber. In der Praxis dieser Fall eher selten vor.
Arbeitgeber dürfen bei wiederholten Sportverletzungen abmahnen. Ein Verbot der Sportart ist nur in Ausnahmefällen möglich – etwa bei Profisportlern oder wenn der Arbeitsvertrag spezielle Klauseln enthält.
Fazit: Sicherheit geht vor – auch beim Extremsport
Gefährliche Sportarten bringen finanzielle Risiken mit sich, die weit über die medizinische Versorgung hinausgehen. Die richtige Versicherungsstrategie kombiniert mehrere Bausteine: Eine leistungsstarke Unfallversicherung bildet das Fundament, ergänzt durch Berufsunfähigkeits- oder Grundfähigkeitsschutz. Bei Sportarten mit erhöhtem Risiko sind Zuschläge oder Ausschlüsse unvermeidlich – ehrliche Angaben beim Antrag verhindern böse Überraschungen im Leistungsfall. Wer seine Grenzen auslotet, sollte auch seine Absicherung an diese Grenzen anpassen.
 
             
 
