Erste Hilfe im öffentlichen Raum: So reagieren Sie bei einem Notfall in Zug und U-Bahn richtig

Nicht nur bei einem Verkehrsunfall sind Erste-Hilfe-Kenntnisse notwendig. Doch während diese – hoffentlich nie auftretenden Fälle – zumindest in der Fahrschule durchgesprochen werden, gilt das für andere Notfallsituationen nicht. Zudem ist bei einem Autounfall der Erste-Hilfe-Kasten in der Regel in greifbarer Nähe irgendwo im Wagen. (Bitte direkt nachschauen, denn da gibt es eine Pflicht!). Auch das trifft in anderen notfallartigen Situationen leider nicht immer zu.

Denn wer weiß schon, wo bei einem Ernstfall in der Fußgängerzone, der U-Bahn und im Zug ein Erste-Hilfe-Kasten oder sogar ein Defibrillator zu finden ist? Oder, wie man bei einem solchem Notfall richtig zu reagieren hat. Das zeigen Ihnen wir, damit Sie immer wissen, was zu tun ist:

  • Wo finden Sie in der U-Bahn, im Zug oder der Fußgängerzone einen Erste-Hilfe-Kasten oder Defibrillator – und wie reagieren Sie richtig?
  • Welche wichtigen Schritte muss ich als Ersthelfer vor Ort einleiten?
  • Was passiert eigentlich, wenn ich bei der Ersten Hilfe jemanden verletze? Bin ich dann versichert?

Erste-Hilfe in U-Bahn und Zug: Das ist bei einem Notfall zu beachten

Ein medizinischer Notfall in der vollen U-Bahn oder auch im Zug stellt mit Sicherheit ein besonderes Worst-Case-Szenario dar. Es sind fahrende Verkehrsmittel, über deren Halt man nicht ganz frei bestimmen kann. Die Unsicherheit, wie man richtig reagiert, könnte also nicht größer sein.

Dabei ist ein Ernstfall in öffentlichen Verkehrsmitteln gar nicht so unwahrscheinlich: S-Bahn, Tram, Zug und U-Bahn stellen nämlich nach dem Auto die beliebteste Wahl bei Berufspendlern dar – und auch sonst sind die Verkehrsmittel beliebt und vielfach genutzt. Sieht man ja leider auch daran, dass die Plätze alle ständig besetzt sind.

Tritt eine Notfallsituation auf – also Kreislaufprobleme, ein Herzstillstand oder ein Passagier kollabiert – gilt es natürlich auch hier, direkt Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten. Da die im Grunde immer dieselben sind, werfen wir aber erst am Ende unseres Ratgebers einen Blick darauf. Denn im öffentlichen Nahverkehr gibt es noch weitaus mehr zu bedenken!

Das größte Problem in U-Bahn und Zug ist dabei dasselbe: Die Wagons des fahrenden Verkehrsmittels sind sehr lang – oder sogar voneinander abgetrennt. In der U-Bahn gibt es dazu meist keinen direkten Ansprechpartner. Im Zug muss der erst gefunden werden. Es bringt daher meist nicht viel, direkt eigene Faust die Notrufnummer 112 zu verständigen. Denn die genaue Lage des Zuges ändert sich ständig – und wo soll der Notarzt dann hin?

  • Geben Sie im Zug daher sofort einem Zugbegleiter Bescheid. Der kann über die Leitstelle Rettungspersonal alarmieren und an den nächsten Bahnhof oder eine strategisch günstige Stelle koordinieren, wo die Rettungskräfte eintreffen können.
  • Sind mehrere Fahrgäste im Abteil, sollte einer stets beim Betroffenen bleiben, der andere die ersten lebensrettenden Sofortmaßnahmen einleiten. Neben der Notbremse befindet sich zudem ein Alarmknopf, der mit dem Zugpersonal verbindet. Somit besteht auch schnell eine Sprechverbindung mit dem Fahrer.
  • Lassen Sie bei einem größeren Notfall medizinisches Personal im Zug ausrufen, das sich im betroffenen Wagon einfinden soll.
  • Sind Sie in der U-Bahn oder Straßenbahn, informieren Sie an der nächsten Haltestelle sofort den Zugführer – damit der sicher nicht weiterfährt und spätestens hier alles Erforderliche zur Versorgung einleiten kann!

Meist ist es übrigens in Zug oder U-Bahn keine gute Idee, die Notbremse zu ziehen. Das hat einen einfachen Grund: Steckt die Bahn im Tunnel oder auf dem offenen Gleis fest, ist es für die Rettungskräfte schwieriger, den Notfallort zu erreichen. Eigentlich ganz logisch, oder?

An der U-Bahn-Station oder einem Bahnhof kann das alarmierte Rettungspersonal dagegen besser eintreffen als in einem schwer zugänglichen Tunnel. Deshalb: Ohne Rücksprache bei einem medizinischen Dilemma bitte nicht unüberlegt die Notbremse ziehen! Das bringt zum einen nichts, zum anderen stört es zusätzlich die betrieblichen Abläufe – was allerdings im Fall der Fälle natürlich eher nebensächlich ist.

Gut zu wissen:

Bei einem Halt auf freier Strecke ist das eigenmächtige Aussteigen lebensgefährlich. Verlassen Sie daher das Fahrzeug nur nach Aufforderung durch das Personal oder den Rettungsdienst!

Wurde der Notruf 112 gewählt, sollte durch Sie oder das Zugpersonal der Leitstelle folgendes mitgeteilt werden:

  • Um welchen Zug handelt es sich?
  • In welche Richtung ist der Zug unterwegs?
  • Welcher Bahnhof ist der nächste Stopp?
  • Um welchen Notfall handelt es sich, wer ist betroffen?

Im Fernverkehr stellt die Deutsche Bahn zudem größere Notfallkoffer bereit. Ist der ICE einigermaßen besetzt, ist die Wahrscheinlichkeit zudem hoch, dass es Personen gibt, die damit sicher umzugehen wissen. Also immer im Zug auch Bahnpersonal ausrufen lassen, ganz wichtig! Spätestens bei einem größeren U-Bahnhof oder der nächsten Station des Zuges sollte dann zusätzlich für den schlimmsten Fall der Fälle auch ein Defibrillator vorhanden sein. 

Übrigens: Es gibt gleich mehrere Webseiten, die Ihnen den nächsten Standort eines Defibrillators anzeigen – und keine Sorge, so ein Wiederbelebungsgerät kann inzwischen sogar ein Laie ohne Vorkenntnisse verwenden. Kurze Bedienungsanleitungen sind einfach zu verstehen und dem Apparat beigelegt. Viele verfügen sogar über einen Voiceguide, der automatisch auslöst.

Welche wichtigen Schritte sollte ich als Ersthelfer immer einleiten?

Egal ob Stadt-, Fern- oder Nahverkehr: Wichtig ist, dass Sie sich bei einem gesundheitlichen Notstand besonnen verhalten und die notwendigen Schritte zur Ersten Hilfe einleiten. Das bedeutet insbesondere in der Stadt, sofort einen Notruf abzusetzen. Am besten über die 112. Am Telefon sollten Sie dann unbedingt die typischen W-Fragen beantworten können:

  • Wo ist es passiert?
  • Was ist passiert?
  • Wie viele Verletzten gibt es?
  • Welcher Notfall liegt vor?
  • Wer ist der Melder des Vorfalls?

Bitte beachten Sie: Auch wenn jede Sekunde zählt, sollten Sie sich bei einem gesundheitlichen Notfall nicht selbst in Gefahr bringen. Achten Sie deshalb unbedingt auch auf Ihre eigene Sicherheit – schon bevor Sie helfend einschreiten! 

Verschaffen Sie sich also zunächst einen Überblick: Was ist passiert, welche Gefahren könnten noch drohen? Scheint alles sicher, können Sie mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen beginnen. Meist bleibt die Rettungsleitstelle dabei zu Ihrer Unterstützung am Telefon. Schalten Sie das daher gerne auf Lautsprecher und legen es im Fall der Fälle einfach neben sich.

Unser Tipp:

Um einen Defibrillator in der Stadt oder dem öffentlichen Raum zu finden, gibt es hilfreiche Apps. Gleiches gilt auch für die Erste Hilfe: Die DRK-App „Mein kleiner Lebensretter“ beschreibt Hilfe bei lebensbedrohlichen Notfällen wie Ersticken, Herzinfarkt, Schlaganfall und vielem mehr. Wir sagen: Immer eine Installation wert!

Was sind die beiden wichtigsten Maßnahmen zur Ersten Hilfe?

Bewusstlosigkeit: Stabile Seitenlage

Wenn der Betroffene ohne Bewusstsein ist, aber normal atmet, ist die stabile Seitenlage angebracht. Dank der kann kein Blut, aber auch kein Erbrochenes, in die Atemwege gelangen. Ein Ersticken wird somit deutlich unwahrscheinlicher.

Das Opfer in die richtige Körperlage zu legen, ist zum Glück nicht schwer. Mit diesen Schritten gelingt es schnell und einfach:

  1. Den unteren Arm im rechten Winkel neben den Körper legen.
  2. Den Bewusstlosen zu sich herüberziehen.
  3. Den Oberschenkel des oberen Beins im rechten Winkel vor den Körper legen.
  4. Damit der Betroffene nicht aus der Position rutscht, wird die Position anschließend gefestigt: Dafür die Hand des oberen Arms einfach unterhalb des Kopfes stabilisieren.
  5. Zum Schluss nur noch den Kopf des Behandelten leicht nach hinten überstrecken und dessen Mund leicht öffnen.

Wollen Sie die stabile Seitenlage sichtbar sehen, gibt es hier auch hilfreiche Videos zum Thema.

Keine oder unregelmäßige Atmung: Wiederbelebung durch Herzdruckmassage und Mund-zu-Nase-Beatmung

Ein Anzeichen für Herzstillstand ist unter anderem, dass die Atmung nicht mehr (richtig) funktioniert. Stellen Sie das fest, droht dem Patienten der Kreislaufstillstand und es herrscht akute Lebensgefahr.

Sie sollten daher sofort die erforderlichen Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten. Also zum Beispiel eine entsprechende Herzdruckmassage mit Mund-zu-Nase-Beatmung durchführen:

  1. Drücken Sie dafür den Brustkorb des Betroffenen zwischen 100 und 120 Mal (ja, das ist viel!) pro Minute kräftig, sodass sich der Brustkorb etwa fünf bis sechs Zentimeter senkt. 
  2. Haben Sie das Herz 30 Mal massiert, blasen Sie zwei Mal hintereinander in Nase oder den Mund des Betroffenen. Auf 30 Sekunden folgt also zweimal beatmen, der Takt ist damit 30 zu 1.

Übrigens: Das Herz zwischen 100 und 120 Mal pro Minute zu „massieren“ klingt zwar viel, ist aber die offizielle Empfehlung vom Deutschen Roten Kreuz & Co.

Bin ich als Ersthelfer eigentlich versichert?

Hier machen wir es kurz: Ja! Als Lebensretter sind Sie in der Regel gesetzlich versichert, denn Hilfsbereitschaft ist in unserer Gesellschaft ein hohes Gut. Ob Sie sich bei der Ausübung von Erster Hilfe nun selbst verletzen – oder aus Versehen den Verunfallten – ist versicherungstechnisch dabei natürlich eher Nebensache: Ihr Versicherungsschutz bleibt nämlich auch dann bestehen.

Sie müssen sich also über Ihre Hilfeleistung keine Sorgen machen, wenn Sie nach bestem Wissen und Gewissen retten – selbst wenn Ihnen dabei ein Fehler unterlaufen sollte. Sie sollten also niemals zögern, sondern lieber zu viel als zu wenig helfen.

Wer dazu über den gesetzlichen Schutz hinaus versichert sein will, kann das natürliche gerne tun. Bei unserer privaten Haftpflichtversicherung optimal sind beispielsweise sogar unbeteiligte Dritte mitversichert, sollten diese bei Ihrer beherzten Rettungsaktion sozusagen als „Kollateralschäden“ ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Rechtsfragen rund um die Erste-Hilfe-Leistungen beantwortet übrigens auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, die hierfür extra eine Broschüre bereitstellt.

Und abschließend: Bleiben Sie immer sicher und hilfsbereit!