Verzicht als Trend: Ist essen etwa ungesund?

Der Hype ist real! Pflanzliche Ernährung ist bereits seit Längerem auf dem Vormarsch. Spätestens seit dem Veganuary 2022 ist sie jedoch definitiv ihr Nischenimage los. Die gemeinnützige Organisation mit demselben Namen – Veganuary – hatte (wie auch in den Jahren zuvor) zu einer veganen Ernährung im Januar aufgerufen. Das Ergebnis: 420 Unternehmen und fast 630.000 Men-schen meldeten sich offiziell an, die tatsächliche Zahl der Teilnehmer dürfte jedoch wohl bis zu zehn Mal so hoch gewesen sein. Es scheint sich also um ein "Massenphänomen" zu handeln.

Und wie steht es mit Ihnen? Haben auch Sie sich schon komplett von tierischen Produkten losgesagt oder hängen Sie noch zu sehr am echten Gouda oder dem Frühstücksei? Dann gehören Sie womöglich zu den rund 7,5 Millionen Vegetariern in Deutschland. Eigentlich nicht überraschend. Denn auch der ausschließliche Verzicht auf Fleisch ist mittlerweile mehr als nur ein Trend. Beweis gefällig? Im Jahr 2020 waren es hierzulande schon um die 6,5 Millionen Menschen, die sich der fleischlosen Ernährung verschrieben hatten.

Die Gründe für eine pflanzliche Ernährung sind vielseitig, lassen sich jedoch meist auf zwei Bereiche reduzieren: Tierwohl und Klimaschutz. Während also die einen für das Wohlergehen der Nachkommen und des Nutzviehs verzichten, sagen die anderen für die eigene Gesundheit "Nein". Und stellen dabei immer häufiger auch gleich noch den Konsum von Alkohol oder Zucker in Frage. Doch wie sinnvoll ist das? Wir haben uns mal ein wenig intensiver mit dieser Frage beschäftigt

Was "kein Zucker", Leben ohne Fleisch oder Alkoholverzicht für unseren Körper bedeuten

Bevor Sie gleich verzweifelt Ihren Kühlschrank ausräumen: Es muss nicht immer gleich der totale "Alles-was-schmeckt-Boykott" sein. Die individuelle Entscheidung, wer welche Lebensmittel ablehnen sollte, hängt stattdessen ganz erheblich von  persönlichen Idealen, dem eigenen Körper und den eigenen Erwartungen ab. Doch scheuen wir uns die verschiedenen Ernährungsformen doch einfach mal genauer an.

Fleischfreie Ernährung: Gut für Umwelt und Körper?

Warum auf das saftige Steak oder Omas Rouladen verzichten? Für die meisten Vegetarier liegen die Gründe auf der Hand. Es ist kein Geheimnis, dass gerade bei der Massentierhaltung das Wohlergehen der Tiere leider eher eine untergeordnete Rolle spielt. Und auch die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung dieser Lebensmittel sind im wahrsten Sinne des Wortes „tierisch“: Eine Studie des WWF führt 69 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland auf den Verbrauch tierischer Lebensmittel zurück. Dabei hat Fleisch allein schon einen Anteil von 44 Prozent!

Doch was springt dabei für mich heraus, werden Sie sich jetzt vielleicht fragen. Die Antwort: Einiges. Denn hoher Fleischkonsum ist nicht nur für Tier und Erde, sondern auch für den eigenen Körper ein ernst zu nehmendes Risiko. Insbesondere der Verzehr von rotem oder verarbeitetem Fleisch (aber auch von Wurst) fördert laut einer Studie des National Cancer Institute der USA das Risiko von Krebs, Diabetes, Schlaganfällen, Alzheimer sowie Herz-, Atemwegs-, Nieren- und Leber-erkrankungen. Doch keine Angst: Um gesünder zu leben, müssen Sie nicht gleich komplett verzichten – aber es hilft! Wer statt Steak & Co. auf Obst und Gemüse setzt, nimmt schneller ab. Auch die Darmflora profitiert nachweislich vom Fleischentzug.

Ist Fleisch denn wirklich nur schlecht? Nein, natürlich nicht. Denn es versorgt den Körper mit viel Eiweiß, Eisen und Vitamin B12. Das ist allerdings auch in vegetarischen Alternativen wie Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Nüssen enthalten. Und wenn Sie jetzt immer noch nicht überzeugt sind, hilft vielleicht eine Studie der Prager Karls-Universität. Die fand nämlich heraus: Vegetarier riechen auch noch besser!

Milchprodukte: So schlecht wie ihr (neuer) Ruf?

Zurecht drängt sich bei Ihnen vielleicht jetzt die Frage auf, warum man – vorausgesetzt man verträgt Laktose – auf Milch verzichten sollte. Na klar: Tierwohl und Klimaschutz sind auch hier für viele Veganer ausschlaggebend, werden hierzulande doch viele Kühe auf kleinstem Raum regelrecht "ausgepumpt". Doch in den letzten Jahren wurden auch immer wieder Stimmen laut, die Milch als gesundheitsschädigend oder sogar krebserregend beschimpften. Was stimmt denn nun?

Zwar sorgt das in Milch vorkommende Wachstumshormon IGF-1 seit Jahrzehnten für die Annahme, sie würde groß machen. Fakt ist aber: Dieser Zusammenhang ist leider falsch! Denn das Hormon kommt auch auf natürliche Weise im Körper vor. Es kommt sogar noch schlimmer: Manche Wissenschaftler unterstellen IGF-1 mittlerweile sogar eine krebserregende Wirkung. Stichhaltige Belege für diese These fehlen allerdings bis dato.

Bestätigt dagegen ist der Zusammenhang zwischen äußerst hohem Milchkonsum (1,25 Liter oder mehr pro Tag) und Prostatakrebs. Verantwortlich dafür: Der hohe Kalziumgehalt - der dummerweise aber gleichzeitig einen präventiven Effekt auf das Darmkrebsrisiko hat. Mist. Zwar wird auch bei einigen anderen Krebsarten eine gewisse Verbindung mit hohem Milchkonsum vermutet, belegt ist aber nur: Wenig Bewegung, ein hoher Tabak- und Alkoholkonsum sowie eine ungesunde Ernährung sind weit bedeutendere Faktoren. 

Viele Vermutungen, wenig Belege – Milch beinhaltet zwar viele essenzielle Nährstoffe, unter anderem Kalzium. Trotzdem wird sie bei häufigem Konsum auch für Akne, Übergewicht und andere negative Folgen verantwortlich gemacht. Unser Fazit: Ein totaler Verzicht ist zwar nicht wirklich nötig, jedoch nutzt ein maßvoller Genuss die Vorzüge von Milch ohne den faden Beigeschmack der Nachteile. Wer trotzdem der weißen Flüssigkeit Lebewohl sagen möchte, hat heute mit Soja-, Hafer-, Kokos- oder Reismilch bereits viele Alternativen – und die haben auch einen kleineren ökologischen Fußabdruck.

Sweet Dreams: Ab sofort aber besser zuckerfrei?

Zucker ist ungesund. Das weiß jedes Kind. Neben schlechten Zähnen begünstigt übermäßiger Zuckerkonsum auch noch Übergewicht, Fettleber und Diabetes. Auch Er-schöpfung, Blähungen oder Verstopfung sind Nebeneffekte der weißen Kristalle. Einen wirklichen Mehrwert liefern sie dagegen nicht. 25 Gramm empfiehlt die WHO als tägliche Zuckerobergrenze, jeder Deutsche konsumiert fast das Vierfache. Und das ist kein Wunder, steckt das weiße Zeug doch in beinahe allen Lebensmitteln. Was also tun?

Unser Tipp: Verzichten Sie auf den so genannten freien Zucker. Denn der ist nicht natürlicherweise in Lebensmitteln enthalten, sondern wird nachträglich hinzugefügt. Doch Vorsicht: Die Industrie trickst gerne und gut, wenn es um die süße Sache geht. Ob Glucose, Fructose, Maltose, Maltodextrin, Sirup oder Maltoextrakt – an kryptischen Umschreibungen mangelt es leider nicht. Eine Faustregel zur Enttarnung ist, in der Zutatenliste auf Begriffsendungen wie -ose oder -sirup zu achten. Auch wenn ein kompletter Zuckerverzicht beinahe unmöglich (und laut Wissen-schaftlern auch nicht dringend nötig) ist, klappt die Reduktion so schon mal ganz gut.

Und Ihr Körper? Neben einer Stabilisierung des Blutzuckerspiegels verringern Sie Ihr Gewicht, ha-ben bereits nach kurzer Zeit spürbar mehr Energie und einen besseren Schlaf. Und auch Ihre Darmflora wird – ebenso wie Ihre Haut – vom geringeren Zuckerkonsum profitieren. Probieren Sie's aus!

Cocktail, Bier und Wein: Lass das besser sein?

„Alkohol ist dein Sanitäter in der Not!“, witzelte Herbert Grönemeyer einst. Gar nicht so lustig: 12,6 Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren nehmen als gesundheitsgefährdend geltende Mengen an Alkohol zu sich! Und das kann neben kör-perlichen Schäden wie unter anderem Leber-, Herz- oder Krebserkrankungen sowie Hirnschädigungen auch psychische Folgen haben. Ein Zusammenhang, der sich in einer ziemlich erschreckenden Statistik wiederspiegelt: „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ war im Jahr 2017 der zweithäufigste Behandlungsgrund in deutschen Krankenhäusern. Darunter fallen Depressionen, vielfältige Ängste, Reizbarkeit oder Unruhe.

Fakt ist also: Auf Bier, Wein & Co. verzichten ist definitiv gesund. Wie einfach das für Sie persönlich wäre, kommt ganz auf Ihren aktuellen Konsum an. Das wäre jedenfalls, womit Sie bei erfolgreicher "Abstinenz" rechnen dürften:

  • 2 Wochen nüchtern: Sie schlafen besser, sind tagsüber leistungsfähiger und fühlen sich stressfreier. Ihr Immunsystem ist spürbar stärker und es fällt Ihnen leichter, Gewicht zu verlieren.
  • 3 Wochen nüchtern: Ihre Blutwerte sowie Ihre gesamte körperliche und psychische Gesundheit sind besser.
  • 3 Monate nüchtern: Sie fühlen sich besser, sind geistig klarer. Alle bereits aufgetretenen Folgen sind noch stärker zu spüren, Libido, Potenz und Selbstbewusstsein sind gesteigert.

Ach ja, es muss nicht gleich für immer sein: Auch wer kurzzeitig, beispielsweise für einen Monat komplett auf die berauschenden Drinks verzichtet, profitiert spürbar. In einer Studie der University of Sussex tranken die Teilnehmer nach dem Projekt durchschnittlich deutlich weniger. Und das Beste: Sie sparen eine Menge Geld!

So klappt´s mit der gesunden Ernährung - mit oder ohne Zucker, Fleisch, Alkohol & Co.

Sie sehen: Verzichten ist nicht immer notwendig - aber in den meisten Fällen definitiv sinnvoll. So schaden Alkohol und Zucker in zu großen Mengen dem Körper, ohne überhaupt einen Mehrwert zu bieten. Milch und Fleischprodukte bieten immerhin wichtige Nährstoffe. Auch wenn die ebenso in anderen Lebensmitteln enthalten sind. Weil aber auch wir wissen, wie schwer es sein kann, zeigen wir Ihnen zu guter Letzt noch drei Tipps:

  1. Realistische Ziele setzen: Entsagen Sie nicht gleich sämtlichen Inhaltsstoffen, die in irgendeiner Weise schädlich sein könnten. Gehen Sie stattdessen Schritt für Schritt vor. Manchmal reicht auch zunächst eine Reduktion der jeweiligen Lebensmittel. Erfolge motivieren zu höheren Zielen!
  2. Gemeinsam verzichten: Fordern Sie Freunde, Freundinnen oder Familie zur Entbehrungs-Challenge heraus. Gemeinsam ein Ziel verfolgen motiviert und macht mehr Spaß.
  3. Erinnerungshilfen: Platzieren Sie Erinnerungshilfen für Ihren Verzicht in Ihrer Wohnung und auf der Arbeit, zum Beispiel Post-Its auf dem Kühlschrank sein. Das motiviert und erinnert Sie an Ihr großes Ziel.