Gesund in den Unterricht: So bauen überlastete Lehrer richtig gut Stress ab

“Spätestens um 13 Uhr Feierabend und eigentlich hat man doch sowieso ständig Ferien” – über dieses Klischee können die meisten Lehrer und Lehrerinnen nur müde lächeln. Die Realität sieht anders aus. Zu den Unterrichtsstunden kommen immer mehr Verwaltungsaufgaben, ausführliche Dokumentationen, Dienstbesprechungen, Lernstandserhebungen. Und zu Hause warten eventuell eigene Kinder und ein riesiger Stapel Arbeit auf dem Schreibtisch: Klassenarbeiten und Hausaufgaben wollen korrigiert und die nächsten Unterrichtsstunden geplant werden.

So haben die Lehrer*innen an Gymnasien, Gesamtschulen und Grundschulen allein in Niedersachsen Stand 2021 rund zehn Millionen unbezahlte Überstunden angehäuft. In anderen Bundesländern zeichnet sich ein ähnliches Bild. Neben der gestiegenen Arbeit ist der Grund hierfür überall auch der seit Jahrzehnten bestehende Lehrermangel. Bis mindestens 2030 soll es vor allem oberhalb der Grundschule eng bleiben und die Belastung weiter hoch sein.

Die anhaltende Corona-Pandemie und der Anspruch an ein Homeschooling, das aus dem Nichts nicht Schüler*innen gerecht werden soll, haben den Stresspegel vieler Lehrer noch weiter in die Höhe getrieben. Wo beginnt die Freizeit, wann endet der Hybrid- oder Fernunterricht? Nur eine von vielen Fragen, mit denen die meisten Lehrkräfte in der Pandemie allein gelassen wurden. Es wird also Zeit, Antworten zu geben. Vor allem auf diese Frage:

Was tun gegen Stress in der Schule: Wie schütze ich mich als Lehrer vorm Burnout?

Zunächst einmal müssen Sie, wenn Sie Lehrer oder Lehrerin sind, akzeptieren, dass Sie an manchen Problemen wenig ändern können: Die Bildungspolitik und Maßnahmen gegen den Lehrermangel haben Sie ebenso wenig in der Hand wie das Verhalten von manchen Kindern oder Eltern, die angetreten sind, Ihnen auch noch den letzten Nerv zu rauben.

Was Sie aber sehr wohl beeinflussen können (und müssen), ist bei all dem Schulstress im Lehrerberuf Ihre psychische Gesundheit.

Im Folgenden haben wir zehn Tipps für Sie, die Ihnen helfen, stressresistenter und gelassener (mit Ihrer Klasse) durch den Lehrer-Alltag zu kommen:

1. Schaffen Sie (in der Schule) Rückzugsorte zur Entspannung

Räume, in denen wir uns nicht wohlfühlen, steigern im Körper das Cortisol-Level, so zumindest das Ergebnis einiger Studien. Es ist also keineswegs ein abwegiger Gedanke, mit Kollegen und Kolleginnen das Lehrerzimmer umzugestalten. Was früher allenfalls gut genug dafür war, um in der Zehnminutenpause noch schnell zwei, drei Vokabeltests inmitten anderer Pädagogen zu korrigieren, soll nun wieder zu längeren Pause einladen.

Also raus mit den alten Tischen, Stühlen und Schränken, die dort vermutlich bereits seit den 1980er Jahren einstauben. Wie wäre es stattdessen mit Grünpflanzen und einem großen Sofa?

Zusätzlich sollten Nischen und Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden, die dafür sorgen, dass man erholt und mit neuer Energie in die nächste Unterrichtsstunde starten kann.

2. Nehmen Sie sich bewusst Zeit zur Entspannung und Bewegung

Soziale Kontakte tun gut. Aber gönnen Sie sich auch täglich Zeit nur für sich selbst. Wenn Sie aus der Schule kommen, sollten Sie sich also nicht gleich wieder an den Schreibtisch im Arbeitszimmer setzen. Stattdessen kann ein langer Spaziergang an der frischen Luft dafür sorgen, dass Sie als Lehrkraft Abstand von der Schule gewinnen und Ihr Körper physisch wie psychisch zur Ruhe kommt. Neben Sport, Yoga und Meditation können (und sollten) Sie jedoch auch an eher unkonventionelle Entspannungsmethoden bei all der Belastungen im Beruf denken. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Sonnenbad oder etwas Shopping? Sie haben es sich verdient!

3. Achten Sie auf eine gesunde Lebensweise

Genügend Schlaf, eine gesunde Ernährung und viel Flüssigkeit machen Schüler und Schülerinnen nicht aufmerksamer und Bürokratie nicht kreativer – aber sie helfen enorm dabei, Unabänderliches gelassener zu nehmen. Gerade proteinreiche Lebensmittel fördern die Konzentration und halten das Energielevel im Schulalltag hoch. Wohingegen Kohlenhydrate auf ein kurzes Hoch schnell den Energieabsturz folgen lassen. Ersetzen Sie als gestresster Betroffener Leberwurstbrötchen und Schokomuffin also besser durch ein gekochtes Ei oder ein paar Mandeln.

4. Auch die kleinen Erfolge zählen

Großen Erfolgen gehen häufig viele kleine Erlebnisse im schulischen Dienst voraus, die Sie stärken und zum Weitermachen motivieren können. Machen Sie sich daher jeden Tag einen dieser kleinen Erfolge bewusst. Eine gelungene Unterrichtsstunde, eine gute Note eines Schülers oder auch die Erfahrung, selbst etwas dazugelernt zu haben. Erlauben Sie es sich ruhig, stolz auf sich zu sein!

5. Schulstress: Weisen Sie die Verantwortung ruhig auch mal zurück

Administrative, therapeutische, lebensberatende, juristische oder auch wirtschaftliche Aufgaben – als Lehrer muss man vieles nebenbei machen, was nicht zur Kernaufgabe, dem Unterrichten, zählt. Der Leistungsdruck kann hoch sein. Machen Sie sich jedoch ganz klar bewusst: Sie sind nicht für alles verantwortlich! Manches können vielleicht sogar Ihre Schüler erledigen. So müssen bürokratische Tätigkeiten wie das Führen von Anwesenheitslisten nicht zwangsläufig an Ihnen hängenbleiben.

Gut zu wissen:

Woher bekommen Lehrer gute Unterrichtsmaterialien? Wir haben die wichtigsten Anlaufstellen für Sie gesammelt!

Wie funktioniert er denn nun, der effektive Stressabbau für Lehrer?

Präventionsmaßnahmen gegen Stress sind schön und gut. Doch insbesondere durch die anhaltende Corona-Pandemie hat sich bei Ihnen vielleicht bereits ein riesiger Berg an Stress und potenziellen Konflikten angesammelt. Gerade der Stress will zunächst einmal abgebaut werden. Versuchen Sie es damit:

6. Trennen Sie Arbeit und Freizeit für Ihre Gesundheit

Ein Großteil der Arbeit findet am heimischen Arbeitsplatz statt. Vielen Lehrern fällt es daher schwer, (emotionale) Distanz zum Job zu gewinnen. Und so werden Aufsätze noch im Bett gelesen und die Feedback-Bögen für den Elternsprechtag am Wochenende ausgedruckt. Schluss damit! Achten Sie ab jetzt auf eine deutliche räumliche und zeitliche Grenze zwischen Privatem und Beruflichem, so dass Sie sich in ihrer Freizeit voll und ganz erholen können. Manchmal hilft es schon, die Tür zum Arbeitszimmer nach Feierabend einfach zu schließen. Auch das kann der Gesundheitsförderung dienen und Prävention gegen eine drohendes Erschöpfungssymptom sein.

7. Reduzieren Sie Papierberge

Noch immer verläuft die Digitalisierung an deutschen Schulen schleppend. Und so verbringen auch Sie vermutlich noch immer einen Großteil Ihrer Zeit damit, einem riesigen Papierchaos Herr zu werden. Hilfreich kann es da sein, alles wegzuräumen oder -werfen, was man nicht mehr oder noch nicht braucht. Ordnen Sie außerdem verschiedene Materialtypen bestimmten Orten zu. Sinnvolle Kategorien könnten hier beispielsweise folgende sein:

  • Schulinterne Kommunikation: Einladungen zu Konferenzen, Listen mit Terminen, Hinweise zur Pausenaufsicht etc.
  • Klassenlisten
  • Entschuldigungsschreiben von Schülern oder Eltern
  • Elternkommunikation: Elternbriefe, Einladungen zum Elternabend etc.
  • Unterrichtsvorbereitung: Stundenverlaufspläne ec.
  • Arbeitsmaterialien für die aktuelle Unterrichtsstunde
  • Sonstige Arbeitsblätter und -materialien

8. Führen Sie Tagebuch

Es muss wie gesagt nicht immer Mediation oder autogenes Training gegen Erschöpfung, Depression & Co. sein: Auch ein "Gespräch" mit dem Tagebuch zu führen, ist eine Form der Achtsamkeit. Studien belegen: Wer dokumentiert, was zu Stress und Ärger führt, kann Stressfaktoren einfacher erkennen und konkret gegen sie vorgehen. Bringen Sie zu Papier, was in ihrem Kopf herum spukt und schaffen Sie so Platz für neue (positivere) Gedanken.

9. Sprechen Sie mit Kollegen

Wer könnte Ihre Situation besser nachvollziehen als einer Ihrer Kollegen oder Kolleginnen? Sprechen Sie bei Überforderung mit Gleichgesinnten jedoch nicht nur über Ihre Wut und Probleme. Auch positive Anreize wie Unterrichtsideen oder die gemeinsame Suche nach Veränderungsmöglichkeiten sollten Platz in diesen „Profi-Talks“ finden. So haben Sie die Chance, den Fokus wieder auf die guten Gründe zu richten, warum Sie als Lehrer oder Lehrerin antreten, und gemeinsam neue Kraft zu tanken.

10. Holen Sie sich professionelle Hilfe

Sie haben bereits alles versucht und trotzdem das Gefühl, mit Ihren Problemen und vor allem dem Stress nicht fertig zu werden? Suchen Sie sich professionelle Hilfe! Das Angebot wächst seit einigen Jahren enorm und so hat mittlerweile jedes Bundesland eigene Beratungsstellen speziell für Lehrer und Lehrerinnen eingerichtet. Eine Therapie ist heute längst kein Tabuthema mehr und daher sollten auch Sie keine Angst davor haben mit einem Fachmann über Ihre Probleme zu reden.