Das Leben nach einem Verlust neu strukturieren lernen

Sie müssen einen Verlust verkraften lernen? Unser Beileid! Die gefühlte Trauer dient dabei allerdings als wichtiges Mittel zur Bewältigung dieser Situation. Es handelt sich um eine normale – und vor allem notwendige – Reaktion, in der Sie Ihr Leben an die neue Situation anpassen lernen müssen. In diesem Prozess sind Art und Länge der Trauer individuell unterschiedlich. Lassen Sie sich also nicht entmutigen und nehmen Sie sich so viel Zeit wie Sie brauchen. 

Fast alle Betroffenen spüren bei Trauer aufgrund eines Todesfalls beängstigende und sehr intensive Emotionen, die sich kaum kontrollieren lassen. Verständlich, denn schließlich haben sie gerade den Boden unter den Füßen verloren und können sich nicht vorstellen, jemals wieder zu lachen oder sich besser zu fühlen. Bis sich ein Trauernder wieder im seelischen Gleichgewicht befindet, ist es (leider oft) ein langer Weg. Dabei muss aber niemand allein sein, der nicht allein sein möchte! 
 

Der Schock der Todesnachricht – Was ist jetzt zu tun?

Machen wir es kurz, denn nach dem ersten Schock einer Todesnachricht „funktionieren“ die meisten Angehörigen einfach nur. Mithilfe des folgenden „Fahrplans“ können Sie sich auf die notwendigen, meist organisatorischen Schritte konzentrieren – von der Ausstellung der Sterbeurkunde bis zur Beerdigung mit Trauerfeier.

  1. Die Sterbeurkunde muss ausgestellt werden
    Spätestens am dritten Werktag nach dem Todesfall muss die Sterbeurkunde beim Standesamt beantragt werden. Dafür brauchen Sie den Totenschein des Verstorbenen. Diesen bekommen Sie vom behandelnden Mediziner, dem Krankenaus etc. Sonst kann der Bestatter nicht tätig werden und alles verzögert sich unnötig.
     
  2. Suchen Sie wichtige Unterlagen zusammen
    Dazu zählen Ausweise, Versicherungskarten und schriftliche Wünsche zur Art der Bestattung – oder auch ein Vorsorgevertrag mit einem bestimmten Bestattungsinstitut! 
     
  3. Benachrichtigung von Angehörigen und dem Arbeitgeber
    Nachdem nahe Verwandte und enge Freunde informiert worden sind, informieren Sie auch den Arbeitgeber des Verstorbenen sowie Ihren eigenen Arbeitgeber! Ist ein naher Angehöriger gestorben (Eltern, Geschwistern, Kindern), können Sie in der Regel ein Recht auf einige Tage Sonderurlaub geltend machen.
     
  4. Bestatter beauftragen
    Liegt eine Vereinbarung mit einem bestimmten Beerdigungsinstitut vor, muss es über den Todesfall informiert werden. Falls nicht, können Angehörige einen Bestatter Ihrer Wahl beauftragen. Die Kosten für die Beerdigung tragen die Erben (§ 1986 BGB) – es sei denn, es ist eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen worden. 
     
  5. Versicherungen informieren
    Denken Sie zusätzlich auch daran, alle Versicherungen zu informieren. Denn die meisten Versicherungsverträge enthalten sehr kurze Meldefristen für das Ableben des jeweiligen Versicherungsnehmers. Bei einem Unfalltod müssen Sie auf jeden Fall die Unfallversicherung innerhalb von 48 Stunden informieren. 

Zusätzlich müssen Mietverträge aufgelöst und der Nachlass sowie das Erbe geklärt werden. Auch wenn es schwerfällt, aber so schützen Sie sich vor langwierigen Schwierigkeiten – und die brauchen Sie aktuell wirklich nicht. Je schneller sich alles regeln lässt, desto schneller können Sie Ihre Trauer bewältigen und den Verlust verarbeiten. 

Experten-Tipp:

Auch wenn Sie sich so fühlen: Sie sind nicht allein und müssen es auch nicht sein. Gerade in der Anfangszeit stehen Ihnen professionelle Hilfestellen zur Verfügung, die Trauernde mit vielseitigen Angeboten begleiten. Unter https://kontaktstelle-trauerbegleitung.de/fuer-trauernde/ oder der bundesweiten Trauertelefon-Rufnummer +49 821-3497 349 finden Sie Ansprechpartner, die Ihnen in dieser Zeit zur Seite stehen – natürlich auf Wunsch auch anonym.  

Diebayerische Ratgeber Trauertelefon

Nummer des Trauertelefons

Die vier Phasen der Trauer

Ohnmacht, Verzweiflung, Wut, Ungläubigkeit, Hilflosigkeit und Schmerz: Ihre Trauer ist ein sehr komplexes Gebilde starker Gefühle. Psychotherapeuten gehen davon aus, dass jeder Mensch verschiedene Trauerphasen überwinden muss, bevor er wieder zu einem Gleichgewicht in seinem Alltagsleben finden kann. Diese können unabhängig voneinander als unterschiedlich stark empfunden werden und verschmelzen leicht ineinander.

  • Die erste Phase: Das Nicht-Wahrhaben-Wollen
    Mit dem ersten Schock wird der Verlust verleugnet, da die Betroffenen zumeist empfindungslos agieren und oft starr vor Entsetzen sind. Gedanken wie "Es darf nicht wahr sein, ich werde erwachen, das ist nur ein böser Traum!" bestimmen diese erste Phase, die meist eher kurz ist und nur ein paar Tage bis hin zu wenigen Wochen dauert.
     
  • Zweite Phase: Aufbrechende Emotionen
    In der zweiten Phase werden Trauer, Wut, Freude, Zorn, Angstgefühle und Ruhelosigkeit durcheinander erlebt, was oft zu Schlafstörungen und generellem Unwohlsein führt. Das Erleben und Zulassen aggressiver Gefühle hilft dem Trauernden dabei, nicht in Depressionen zu verfallen. Tatsächlich ist die Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen sehr wichtig, auch wenn in unserer Gesellschaft viel Wert auf Selbstbeherrschung gelegt und kaum über Trauer und Tod gesprochen wird. Lassen Sie sich vom Druck „wieder funktionieren zu müssen“ nicht beirren und durchleben Sie diese Gefühle! Nur so kann die nächste Trauerphase bewältigt werden.
     
  • Dritte Phase: Suchen, nachspüren und erinnern
    In der dritten Trauerphase werden Sie den kürzlich verstorbenen Menschen unbewusst oder auch bewusst „suchen“. Es beginnt die Auseinandersetzung mit gemeinsam erlebten Momenten, die Sie nachspüren möchten. Sie suchen jetzt Orte auf, die Sie mit dem Toten verbinden – das Zimmer, den Ort eines Ausflugs oder auch gemeinsame Bilder. In dieser Phase lernen Sie, mit der Realität des Verlustes umzugehen und konfrontieren sich freiwillig immer wieder mit der Tatsache, dass sich die gemeinsame Verbindung geändert hat und Sie ohne den anderen leben müssen.
     
  • Vierte Phase: Strukturieren eines neuen Selbst- und Weltbezugs
    Sie haben den Verlust akzeptiert und der verlorene Mensch ist zu einer Art „inneren Figur“ geworden. Jetzt beginnen Sie damit, aktuelle oder zukünftige Lebensmöglichkeiten, neue Beziehungen und die sich ändernde Rolles Ihres „Ichs“ zu beurteilen. Die vierte Phase steht für die Erkenntnis, einen Verlust verkraften zu können – und für die daraus resultierende Neustrukturierung des eigenen Lebens.

Die Vielseitigkeit der Bewältigungsmechanismen

Menschen trauern sehr unterschiedlich – je nach Beziehung zu dem Verstorbenem und dem persönlichen Umfeld. Manche möchten allein sein, um Ihre Gedanken zu ordnen. Andere möchten sich lieber über ihre Trauer austauschen, um sich nicht zu allein zu fühlen. Egal, wie Sie damit umgehen möchten – Ihnen stehen zahlreiche Bewältigungsmechanismen zur Verfügung. Wir haben eine kurze Auswahl für Sie:

  • Trauerbegleitung: In jeder Stadt gibt es Trauergruppen und -begleiter, die Ihnen bei der Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation zur Seite stehen. Auf diese Weise lernen Sie Ihre Trauer zu formulieren und knüpfen Kontakte zu Menschen, die sich fühlen wie Sie. 
     
  • Bewältigung durch Aktivität: Aktiv sein hilft! Ob es nun eine persönliche Therapie mithilfe von Tagebüchern ist – oder Sie sich mit Sport bewegen möchten, um auf andere Gedanken zu kommen. Sie tun sich einfach etwas Gutes und lernen, traurige Gefühle und Ihren normalen Alltag kombiniert zu bewältigen.
     
  • Reden Sie über Ihre Gefühle: Nein, Sie gehen damit niemandem auf die Nerven! Die Verarbeitung von Fragen sowie das Aussprechen trauriger Gefühle helfen. Egal, ob mit Freunden, der Familie oder einer professionellen Unterstützung.
     
  • Setzen Sie sich Ziele: Klingt so einfach – und ist es tatsächlich meistens auch. Denn obwohl es ein bisschen morbide klingt, kann es helfen, sich die womöglich noch offenen Ziele des Verstorbenen in Erinnerung zu rufen. War eine Asien-Reise oder der Beginn einer neuen Sportart geplant? Setzen Sie dieses Ziel um! Auf diese Weise schaffen Sie eine weitere und sehr besondere Verbindung, mit der Sie in die „Fußstapfen“ des Anderen treten und ihm oder ihr nachträglich noch einen Wunsch „erfüllen“ können.
     
  • Ehrenamtliches Engagement: Sie möchten etwas Gutes tun, ohne unbedingt reden oder viel mit anderen interagieren zu müssen? Versuchen Sie es im Tierheim! Dort warten viele Hunde auf engagierte Gassi-Geher. Die Kombination aus einem langen Spaziergang, frischer Luft und dem dankbaren Blick eines glücklichen Vierbeiners erhellt jede Gefühlslage – versprochen! Außerdem sind die tierischen Begleiter sehr gute Zuhörer und helfen vielen Menschen dabei, sich emotional öffnen zu können! 

Hier können Sie sich über Angebote und Mitmachmöglichkeiten beim Tierschutz in Ihrer Nähe informieren!
 

Gut zu wissen:

Ersetzen Sie Ihre Trauer nie mit etwas anderem, sondern stellen Sie sich Ihren Gefühlen! Bei Verdrängung mithilfe von viel Sport oder einem hohen Maß an sozialer Aktivität wird aus dem unvermeidlichen Trauerrückfall und der folgenden Verdrängung ein Teufelskreis, der schnell schwerwiegende, psychologische Folgen haben kann!