Legaler Cannabis-Konsum in Deutschland?

Sicher haben Sie es auch schon gehört oder gelesen: Die neue Bundesregierung will Cannabis legalisieren, eine Pflanze der botanischen Gattung der Hanfgewächse mit teils psychoaktiven Wirkstoffen. Die Gesamtzahl der Menschen in Deutschland, die mindestens gelegentliche Cannabiskonsumenten sind, soll schon heute - also bereits lange vor der Legalisierung - bei deutlich über vier Millionen liegen. 

Skandalös, meinen die einen. Mehr als überfällig, finden die anderen. Und tatsächlich: Nicht alles, was Cannabis kann, hat Nachteile. Bereits seit 2017 darf es daher in Deutschland auch von Ärzten als Arznei verschrieben werden. Schätzungen gehen davon aus, dass schon heute mehrere Tausend Menschen Cannabis auf Rezept beziehen.

Vielleicht gehören auch Sie zu jenen, die aufgrund der aktuellen Diskussion mehr denn je rätseln, welche Vorteile (oder Gefahren) die Pflanze Ihnen bei gesundheitlichen Beschwerden bringen könnte? Die sich die Frage stellen: Geht es bei Cannabis nun um ein Suchtmittel, das “Kiffer” träge und dumm macht – oder um ein Arzneimittel, das möglicherweise unterschätzt wird?

Sie merken schon: Mit einer simplen Antwort  kommen wir nicht weiter. Lassen Sie uns deshalb einen Blick auf die wichtigsten Fakten und ein paar der brennendsten Fragen werfen.
 

1. Ist Cannabis "nur" eine Droge - oder doch viel mehr?

Klar scheint mittlerweile eines: Cannabis als völlig ungefährlich zu beurteilen, ist falsch. Das Bundesgesundheitsministerium verweist auf Studien, die beweisen, dass ein regelmäßiger und häufiger Cannabiskonsum die Hirnleistung und insbesondere das Gedächtnis verschlechtern kann. Die Wahrscheinlichkeit, an psychischen Störungen zu erkranken, steigt. Ein “Klassiker” darunter sind Angststörungen und Depressionen. Je jünger der Konsument oder die Konsumentin, umso kritischer scheinen die Folgen zu sein. Allein schon deshalb, weil Cannabis auch abhängig machen kann. Oft wird das “Gras” mit Tabak in Joints konsumiert, dessen schädliche Wirkung hinlänglich bekannt ist.

2. Warum wird überhaupt über eine Cannabis-Legalisierung diskutiert?

Wenn es darum geht, Cannabis zu legalisieren, ist das Ziel sicher nicht, ein unproblematisches Heilmittel frei zugänglich zu machen. Es soll vor allem darum gehen, den Schwarzmarkt mit all seinen negativen Auswüchsen auszulöschen. Nicht nur Minderjährige kämen so nicht mehr über dubiose Dealer an zum Beispiel gefährlich gestrecktes “Haschisch” (das zu Blöcken gepresste Blütenharz der Cannabispflanze). Qualität und Ausgabe können staatlich reglementiert und geprüft werden. Daneben gibt es einen wirtschaftlichen Faktor: Den Cannabis-Handel in Deutschland zu legalisieren würde einen Milliardenmarkt schaffen.

Ein weiteres Argument: Die Entlastung von Polizei und Staatsanwaltschaften. Denn die Kriminalisierung der Millionen Konsumenten und Konsumentinnen und deren Verfolgung bindet enorme Kräfte bei den Ermittlungsbehörden. Geld und Zeit könnte man vielleicht besser investieren.

3. Wo kommt legales Cannabis in Deutschland her?

In Deutschland dürfen bis dato nur eine Handvoll Unternehmen medizinisches Cannabis für den Verkauf in Apotheken produzieren, darunter eine kanadische Firma. In Kanada sind Anbau und Verkauf von Cannabis bereits ein Wirtschaftszweig. Das Rauschmittel wurde dort 2018 legalisiert. Ähnlich wie in Kanada ist in Deutschland geplant, Cannabis auch nach einer allgemeinen Legalisierung nicht einfach in den freien Handel zu schicken, sondern wenige Geschäfte entsprechend zu lizensieren. Die Händler müssten bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und dürfen vor allem auch nur an Erwachsene verkaufen.

Cannabis auf Rezept bekommen in Deutschland meist nur Schmerz- oder Krebspatienten – und das auch nur in begrenzten Ausnahmefällen und, soll es die Kasse zahlen, auch nur nach Prüfung durch die Krankenkasse. Es kann in Form von Kapseln, Tropfen, Öl oder als Mundspray verschrieben werden. Im freien Handel gibt es bereits heute CBD-Produkte auch als Cremes, Salben, Öl, Tinkturen oder pur.

Lesen Sie hier: CBD und Autofahren – ist das überhaupt erlaubt?

4. Was bewirken Cannabis, THC, CBD & Co. eigentlich genau?

Cannabis enthält im Wesentlichen die zwei Wirkstoffe THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), wobei ersteres die Stimmung hebt, zweiteres eher Ängste hemmt. Beide Wirkstoffe können chronischen Schmerzpatienten helfen, aber auch Übelkeit und Appetitlosigkeit bei Tumorpatienten und -patientinnen lindern. Klar scheint auch: Die Wechselwirkung macht es, denn je höher der Cannabidiolgehalt, umso geringer die Wirkung des Tetrahydrocannabinols.

Auch nachgewiesen ist: Als reines Schmerzmittel alleine hat Cannabis nur eine sehr geringe Wirkung, andere bekannte Mittel sind deutlich effektiver. Auch zur Behandlung bei Spastiken und Multipler Sklerose wird Cannabis verschrieben. Dafür ist es auch schon deutlich länger zugelassen.

Das Interessante: Die Stoffe aus der Cannabis-Pflanze, die so genannten Cannabinoide, werden in ähnlicher Form auch von unserem Körper selbst produziert und dort über eigene Rezeptoren aufgenommen. Dennoch sollten Sie sich durch Cannabis keine Heilung erhoffen. Es wird meist als zusätzliches Mittel zur Linderung der Beschwerden und Krankheiten eingesetzt.

Langzeitwirkungen einer medizinischen Cannabis-Einnahme sind nicht hinreichend erforscht, bei psychischen Erkrankungen wird aber von der Einnahme schon jetzt abgeraten. Wie bei allen Arzneimitteln kommt es auf die richtige Dosierung des Wirkstoffs an, so dass in jedem Fall die Behandlung vorsichtig eingeschlichen werden muss.  

5. Cannabis als Medizin – wer kann beraten?

Sollten Sie in Betracht ziehen, Cannabis als Medizin anzuwenden,sollten Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin suchen. Sie sollten auch ganz glar sagen können, für welche Beschwerden Sie sich Erleichterung erhoffen. Wie erwähnt können die Kosten für den Einsatz von medizinischem Cannabis durch die Krankenkassen übernommen werden, daher sollten Sie auch das Gespräch mit einem Berater oder einer Beraterin Ihrer Krankenkasse suchen.

Egal, ob Sie Cannabis als medizinisches Produkt verschrieben bekommen oder planen, es in Zukunft im Handel zu beziehen – ein paar Regeln werden bleiben. Dazu gehört, dass Cannabis grundsätzlich die Aufmerksamkeit und Psychomotorik einschränkt. Das Risiko für Arbeitsunfälle zum Beispiel beim Bedienen von Maschinen kann also steigen. Auch Autofahrten unter dem Einfluss von Cannabis sind risikobehaftet. Die Wirkung von Cannabis kann mehrere Stunden anhalten.

Das “Gras”, gewonnen aus den Blüten der Cannabispflanze, kostet in Apotheken aktuell rund zehn Euro pro Gramm aufwärts.