Hilfreiche Tipps, wie Schüler gegen ihre Lernlücken "anlernen"

In Bayern, das sich gerne als Vorzeige-Bildungsland präsentiert, ächzen Schülerinnen und Schüler, Lehrende, Eltern und Schulleitende derzeit nicht weniger als anderswo in der Bundesrepublik unter den Folgen der Pandemie. Die Corona-Krise hat den Schulalltag nicht nur gewaltig durcheinandergewirbelt, sondern massive Lücken in den Bildungsstand von Schülerinnen und Schülern gerissen. Und so sehen die Lehrkräfte nicht nur hier bei rund einem Drittel ihrer Schüler "deutliche Lernrückstände".

Die Ursachen liegen auf der Hand: Wochenlanger Distanzunterricht mit zunächst abgespecktem Stoff, fehlende oder nicht funktionierende Technik zur Wissensübermittlung oder schlicht: Schulausfälle. Die Lösung für das große Problem allerdings, die liegt so gar nicht auf der Hand. Denn abseits der typischen Nachhilfe gibt es an den wenigsten Schulen wirklich zielgerichtete Aufholangebote. Doch leider können nicht alle Eltern als Nachhilfe-Lehrende einspringen oder sich Nachhilfeunterricht für die Kids leisten. Und überhaupt: Scheint es nicht relativ unwahrscheinlich, dass Kinder und Jugendliche jetzt einfach doppelt so viel lernen (können), um nach den Monaten des Ausnahmezustands an den geforderten Schulstoff anzuschließen?

Andererseits sind die Ängste vieler Eltern leider nicht unbegründet: Beziffert doch zum Beispiel das Münchner Ifo-Institut die durch Schulschließungen verursachten volkswirtschaftlichen Schäden auf bis zu 3,3 Billionen Euro. Eine unvorstellbare Summe – zu tragen vorrangig von den heutigen Schülern und Schülerinnen, denen auch noch ein geringeres Lebenseinkommen aufgrund schlechterer Bildung droht!

Was also können also Eltern tun, um ihren Kindern und Jugendlichen zu helfen, die Lernlücken zu schließen – ohne den Druck zu sehr zu erhöhen oder zu viel zu erwarten? Das erfahren Sie hier!

Die 4 besten Tipps gegen Lernlücken durch die Coronavirus-Pandemie

Die Hoffnung war groß: Spätestens als es im Lockdown mit der Technik endlich lief an den Grund- und weiterführenden Schulen, verkündeten einige Experten recht großspurig, dass Kinder und Jugendliche doch offensichtlich auch außerhalb der Klassenzimmer ausreichend gut unterrichtet werden könnten. Wenn Sie Mama oder Papa sind, werden Sie da vielleicht anderes zu berichten haben – und damit das erschreckende Ergebnis einer Studie der Frankfurter Goethe-Universität bestätigen: Der Distanzunterricht an Schulen habe im zurückliegenden Schuljahr höchstens einen Lernerfolg „im Bereich der Effekte von Sommerferien“ gehabt.

Und nicht nur das: Vielen Schülern und Schülerinnen fällt es heute umso schwerer sich zu konzentrieren - einfach, weil sie in Sachen Präsenzunterricht komplett aus der Übung sind. Viele Lehrer und Lehrerinnen berichten, dass ihre Schützlinge unruhiger sind als vor der Pandemie, teils sogar aggressiv. Dass sie dabei über lange Zeit vor technischen Geräten “geparkt” waren, hat sicher sein Übriges getan.

Daher lautet unser erster Tipp (wann immer möglich):

Schluss mit Tablet, Handy und TV. Sorry!

In den meisten Fällen ist der wichtige Lernstoff – trotz aller Digitalisierungsstrategien an den Schulen – auch heute noch ganz klassisch in den Heften und Büchern der Schüler und Schülerinnen zu finden. Und so passiert es nur allzu häufig, dass Laptop, Tablet oder Handy keinesfalls dabei helfen, sich besser auf den Lernstoff zu fokussieren. Sie lenken schlicht davon ab. Das bestätigt auch eine britische Studie. Demnach schrieben jene Schüler, in deren Klasse ein Handyverbot herrschte, bessere Noten. Die Prüfungsergebnisse der getesteten 16-Jährigen ohne Smartphone-Begleitung stiegen um durchschnittlich 6,41 Prozent.

Allerspätestens, wenn WhatsApp, TikTok oder Instagram auf den Geräten installiert sind, werden die zu echten Produktivitätskillern – und sei das YouTube-Erklärvideo zu Newtons Gravitationsgesetz auch noch so gut. Die Versuchung, sich danach einfach weitertreiben zu lassen ist einfach zu groß. 20 Minuten konzentriertes Arbeiten? So fast unmöglich!

Die Lösung: Wer Schulbücher und Hefteinträge schon durchhat, der findet in jedem gut sortierten Buchladen auch für kleinere Kinder spannende Sach- und Wissensbücher. Sie sorgen für Bildung ganz ohne Ablenkung. Eine konsequente digitale Abschottung für die Zeit der Wissensaneignung kann also eine echt gute Lösung sein, um Lernrückstände aufzuholen. Und: Zur Not tun es auch Bildschirmzeiten auf den Geräten.

Es gibt auch genug Argumente für das digitale Hilfsgerät im Lern- und Kinderzimmer? Stimmt! Meist geht es dabei aber nicht in erster Linie um das Aufholen von schulischen Lernrückständen. Aber lesen Sie gerne einfach selbst: Handy oder Tablet fürs Kind – Das spricht dafür!

Aufholjagd in Sachen Schulstoff? Gemeinsam lernen Schüler besser!

Klar, solange die Pandemie wütet, sollten unnötige Kontakte vermieden werden. Doch mit ein wenig Vorsicht und regelmäßigen Corona-Tests an den Schulen sollte nichts gegen kleine Lerngruppe sprechen. "Teamplaying steigert die Effektivität und Effizienz (…) immens", sagt Professor Werner Heister, Autor des Buches Studieren mit Erfolg: Effizientes Lernen und Selbstmanagement. Grund dafür ist unter anderem die soziale Kontrolle abseits von nörgelnden Eltern oder Lehrenden: Wer gemeinsam vorankommen will, muss Lernziele einhalten und diejenigen abholen, die noch hinterherhinken.

Der genannte Experte rät übrigens zu Lerngruppen von drei bis vier Schülern oder Schülerinnen. Lern-Kooperationen können aber auch anders aussehen. Dabei dürfen Sie und Ihre Sprösslinge durchaus kreativ sein! Vielleicht kann der ältere Nachbarsjunge mal vorbeikommen, um Ihrer kleinen Tochter in Mathe auf die Sprünge zu helfen – während Sie ihm im Gegenzug Ihren Garten samt Feuerschale für ein Corona-konformes Treffen mit seiner Clique zur Verfügung stellen.

Auch Elterngruppen, die heute ja meist über WhatsApp recht gut vernetzt sind, eignen sich, um Lernrückstände aufzudecken und dass Abgehängte wieder Anschluss bekommen. So könnten Sie gemeinsam herausfinden, bei wem es ähnlichen Nachholbedarf gibt und sich selbst im Wechsel als Nachhilfelehrer oder -lehrerin für die Lerngruppen anbieten. Oder: Sie fragen schlicht um Hilfe! Denn wenn Sie alleinerziehend und berufstätig sind, ist es keine Schande, andere Familien um Unterstützung zu bitten. Immerhin sind wir alle mit dem Motto "Zusammenhalten" in diese seltsamen Zeiten gestartet. Das ist immer noch wichtig.

Auch viele Lehrende sind offen für durchdachte Konzepte von Elternseite und können mit entsprechendem Extra-Material zum Lernen aushelfen. Auf jeden Fall ist diese Strategie die bessere Idee, als darüber zu schimpfen, dass Lehrkräfte die Lernlücken nicht geschlossen bekommen.

Zu viel, zu spät, wo anfangen? Die Lösung: Lernen nach Plan!

Wer in den Abgrund kratertiefer Lernlücken starrt, während es andererseits Montag bis Freitag mit einem Affenzahn weitergeht mit dem Schulstoff, der verliert nicht nur die Lust. Sondern oft auch einfach die Orientierung. Daher ist es sehr wichtig, einen ehrlichen Blick auf das zu werfen, was fehlt oder akut ansteht.

Gehen Sie mit Ihrem Kind in Lern- und Schulstoff-Inventur! Holen Sie sich dafür, siehe oben, auch Hilfe von Schule oder Mit-Eltern. Handlungsfähig sind Sie und Ihr Kind erst dann, wenn Sie wissen, was alles getan werden muss, um wieder aufzuholen – aber auch, wenn Sie sich eingestehen, was realistisch überhaupt zu schaffen ist. Diese klaren Ziele helfen, wieder Fokus beim Lernen zu bekommen. Sei es “nur”, um entspannter in eine Extrarunde zu gehen – also gegebenenfalls zur Lückenschließung eine Klasse zu wiederholen. Kein Beinbruch.

Und noch ein Tipp: Teile Sie die großen Lern-Ziele in altersgerechte Teil-Ziele, die am Ende jedes Tages erreicht werden können. Das hält die Motivation hoch. Hier können Apps helfen – allerdings nicht solche, die abzulenken drohen. So gibt es mehrere Anbieter, mit denen man einzelne Lernetappen in 25 Minuten Blöcken abarbeiten kann (Pomodoro-Technik).

Spaß haben, Lernerfolge festhalten

Es gibt kaum etwas Deprimierendes, als Zeit und Hirnschmalz in die Vorbereitung für einen anstehenden Test gesteckt zu haben – und dann mit einer schlechten Note “belohnt” zu werden. Doch so ist es: Wenn es schon Wissenslücken gibt, tun die sich jetzt auf – auch, wenn der aktuelle Stoff wieder ganz fleißig gelernt wird. Büffeln muss aber trotz - oder vielleicht gerade wegen - der angespannten Situation wieder Spaß machen. Jedes Lob spornt dabei an. Und nehmen sie es spielerisch!

Die Tipps der Experten: Versuchen Sie, Abstraktes mit einem Augenzwinkern in den Alltag zu übersetzen. So könnten zum Beispiel Klassenkameraden und Klassenkameradinnen als Protagonisten für die nächste Textaufgabe dienen. Nach getaner Arbeit darf dann ruhig auch mal eine kleine Belohnung drin sein. Ebenfalls eine gute Idee: Jeden noch so kleinen Lernerfolg festhalten. So sollten Sie als Eltern also möglichst positiv überrascht registrieren, wenn eine Aufgabe fehlerfrei beantwortet wurde – auch wenn die Gesamtnote von Test oder Prüfung Sie eher nicht so begeistern mag.

Zur Motivation beitragen kann auch ein neuer Ordner oder schöne Stifte. Und nicht zuletzt ein ordentlicher Schreibtisch. Kurz: (Fast) alles, was beim Dranbleiben hilft und dabei, dass Lernen wieder Spaß macht, ist erlaubt!

Trotz aller Sorge, die die Lernlücken machen, vergessen Sie bitte nicht: Pausen, auch Ferien, sind nicht nur ok – sie sind enorm wichtig. Schule und Lernen generell sind nichts, was man im Sprint durchhält. Wer jeden Tag ein paar Minuten mehr schafft und stolz auf die eigenen kleinen Erfolge ist, hält länger durch und fällt nicht so leicht in ein hartnäckiges Leistungstief, das schulischen Erfolg langfristig noch aussichtloser macht.
 
Zusammengefasst heißt das: Nur mit einer positiven Geisteshaltung, auch bei Ihnen als Eltern, lässt sich das Beste machen aus den Folgen der Corona-Pandemie auf die schulische Bildung. Seien Sie ein Vorbild für Ihren Nachwuchs und bestärken Sie sich und ihn/sie darin, dass vieles jetzt vielleicht herausfordernd, aber nicht unmöglich ist. Sie haben es bis hierhin geschafft, durch Zoom-Calls, Homeoffice und Homeschooling, Spontan-Lockdowns, womöglich Quarantäne und nicht zuletzt so einige große und kleine Sorgen, die noch vor ein paar Jahren unvorstellbar waren. In allererster Linie also können alle Eltern stolz auf sich und ihre Kinder sein!