Berufsunfähigkeitsversicherung: Warum sich auch schon Auszubildende darum kümmern sollten

Im September ist es wieder soweit: Viele junge Menschen werden ihre Berufsausbildung beginnen. Ein wichtiger neuer Lebensabschnitt startet. Doch leider sind auch jüngere Menschen nicht davor gefeit, durch Krankheit oder einen schweren Unfall dem beruflichen Alltag nicht mehr in voller Leistungsfähigkeit – oder schlimmstenfalls überhaupt nicht mehr – nachgehen zu können. So hart das klingen mag: Auch in dieser Altersgruppe treten bereits immer wieder Fälle von Berufsunfähigkeit auf. Daher sollten sich möglichst schon Auszubildende mit den verschiedenen Vorsorgeleistungen auseinandersetzen, die sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts abschließen können. Das Motto „Auf Nummer sicher gehen“ trifft auch rund ums Berufsleben zu – und das in jedem Alter.

Gesetzliche Absicherung von Auszubildenden

Grundsätzlich sind Azubis genauso gesetzlich versichert beziehungsweise abgesichert wie andere Arbeitnehmer auch. Verpflichtend für sie ist daher in gleichem Maße eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse und Pflegepflichtversicherung, aber auch in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung. Die dafür notwendigen Beitragsleistungen teilen sich Arbeitgeber und Auszubildende. Falls der Bruttolohn des Azubis allerdings 325 Euro im Monat nicht überschreitet, übernimmt der Arbeitgeber die Beiträge vollständig. Des Weiteren besteht eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung sowie den Berufsgenossenschaften, deren Beiträge allein die Arbeitgeber leisten. Themen wie Invalidität oder Berufsunfähigkeit, also das "Nicht-mehr-arbeiten-können", stehen dagegen auf einem anderen, leider eher dünnen Blatt.

Berufsunfähigkeit während der Ausbildung: Ja, es gibt eine Erwerbsminderungsrente für Azubis, aber...

Die gute Nachricht: Anders als beim gesetzlichen Schutz regulärer Erwerbstätiger, gelten für Auszubildende beim Leistungsbezug aus der gesetzlichen Rentenkasse gewisse Besonderheiten. Kann beispielsweise der Azubi wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit dauerhaft nicht mehr arbeiten, haben sie oder er bereits Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente, sobald die erste Beitragszahlung in die Rentenkasse geleistet wurde. Ansonsten müssen die Berufstätigen prinzipiell für einen Leistungsanspruch fünf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben – die sogenannte Mindestversicherungszeit. Diese Besonderheit bei Auszubildenden wird als vorzeitige Wartezeiterfüllung bezeichnet.

Bei der Berechnung der Höhe von Leistungen zählen dann bei Azubis nicht nur die – wenn überhaupt – wenigen bisherigen Berufsjahre, sondern auch die sogenannte Zurechnungszeit. Damit wird die Zeit zwischen dem Erwerbsminderungsbeginn und einem gesetzlich festgelegten Lebensalter bezeichnet. Bei Beginn einer Erwerbsminderungsrente vor 2018 lag diese beim 62. Lebensjahr, seit 2018 verlängert sich die Zurechnungszeit schrittweise bis 2024 auf das 65. Lebensjahr.

So weit, eigentlich erstmal so gut. Allerdings stellt sich die Frage, ob allein die Erwerbsminderungsrente ein würdiges Leben weit über die Zeit der Ausbildung hinaus ermöglichen kann. Die ernüchternde Antwort: Nein. Eine zusätzliche Absicherung sollte daher unbedingt in Erwägung gezogen werden, dazu später aber noch mehr.

Verschiedene Ausbildungsberufe bergen unterschiedliche Risiken für eine Berufsunfähigkeit bei Azubis

Abgesehen davon, dass natürlich auch Unfälle außerhalb der Arbeitszeit geschehen können, die ebenso eine Berufsunfähigkeit nach sich ziehen, bergen auch die spezifischen Berufe an sich unterschiedlich hohes Gefahrenpotential. Laut Statistiken entscheiden sich Auszubildende vor allem die folgenden Berufe in diesen acht Bereichen:

  1. Berufsausbildung im Büro: Bürokauffrau/-mann für Büromanagement
  2. Ausbildungen im Einzelhandel: Verkäufer*innen oder kaufmännische Angestellte
  3. Kraftfahrzeugmechatronik: Mechatroniker*innen
  4. Medizin und Gesundheit: Medizinisches Fachpersonal
  5. Ausbildung in der Informatik: Fachinformatiker*innen
  6. Ausbildung in der Industrie: Kaufmännische Angestellte
  7. Berufsausbildung im Bereich der Elektronik: Elektroniker*innen
  8. Mechanische Ausbildung: Anlagenmechaniker*innen beispielsweise für Heizung/Sanitär
  9. Ausbildung in der Zahnmedizin: Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA)

Auch Berufe wie Kfz-Mechatroniker*in oder Anlagenmechaniker*in sind nach wie vor bei Jugendlichen sehr beliebt. Doch solche Berufsgruppen unterliegen einem erhöhten Risiko für physische Erkrankungen, zu denen Bandscheibenvorfälle oder Verletzungen der Hand zählen. Dadurch steigt das durchschnittliche Risiko, irgendwann berufsunfähig zu werden. Von Berufsunfähigkeit ist meist dann die Rede, wenn man den eigenen Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben kann. Ein Problem, das bei körperlich stark fordernden Arbeiten statistisch häufiger auftritt als bei vergleichsweise leichten Bürotätigkeiten. Könnte man zumindest glauben.

Was viele dabei aber (erstmal) nicht bedenken: Trotzdem kann es auch bei körperlich weniger belastenden Berufen wie kaufmännischen Tätigkeiten passieren, dass man die eigene Arbeit eines Tages nicht mehr ausüben können. Nervenkrankheiten und diverse psychische Erkrankungen, unter anderem Depressionen, Burn-Out oder Angststörungen, sind mit rund 31 Prozent hierzulande eine der häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit.

Über eine Berufsunfähigkeitsversicherung nachzudenken lohnt sich also wirklich – auch für Azubis in Büroberufen. Zumal die Beiträge mit zunehmendem Eintrittsalter, gemeinsam mit dem Erkrankungsrisiko, zumeist deutlich steigen, während sie gerade für Azubis oft noch extrem günstig ausfallen. Dazu später ebenfalls mehr.

Azubi aufgepasst: Gründe für Berufsunfähigkeit in der Ausbildung

Berufsunfähigkeit beziehungsweise ein notwendig werdender Abbruch der Berufsausbildung kann bei Auszubildenden aus vielen verschiedenen Gründen eintreten. Mögliche gesundheitliche Ursachen sind:

  • Unfall oder Verletzung: Ein schwerer Unfall oder eine Verletzung während der Ausbildung kann dazu führen, dass der Auszubildende seinen Beruf nicht mehr ausüben kann.
  • Krankheit: Schwere Krankheiten oder sich verschlimmernde Gesundheitszustände können dazu führen, dass der Auszubildende nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben.
  • Psychische Erkrankungen: Verschiedene psychische Probleme wie Depressionen oder Angststörungen, können die Leistungsfähigkeit eines Auszubildenden beeinträchtigen und langfristig zur Berufsunfähigkeit führen.
  • Berufsspezifische Risiken: Je nach Art der Ausbildung und des zu erlernenden Berufs, können bestimmte (Berufs-)Risiken die Gesundheit des Auszubildenden beeinträchtigen und in der Folge zur Berufsunfähigkeit führen. So können bei körperlich sehr anspruchsvollen Berufen wie Maurer, Dachdecker oder Fliesenleger Verletzungen oder frühzeitige Abnutzungserscheinungen auftreten.
  • Unfälle außerhalb der Arbeit: Nicht nur Unfälle während der Arbeitszeit können zu Berufsunfähigkeit führen. Auch außerhalb der Arbeit können Unfälle oder Verletzungen auftreten, die die Fähigkeit zur Berufsausübung deutlich – wenn nicht sogar ganz – beeinträchtigen.
  • Chronische Erkrankungen: Chronische Gesundheitszustände wie Diabetes, Herzprobleme oder Rückenleiden, können sich im Laufe der Zeit erheblich verschlimmern und die Berufsfähigkeit beeinträchtigen oder ganz verhindern.
  • Unerwartete Ereignisse: Manchmal können ganz unerwartete Ereignisse wie beispielsweise schwere Allergien, heftige Reaktionen auf Medikamente beziehungsweise Medikamentenunverträglichkeit oder andere gesundheitliche schwerwiegende Vorfälle, zu gänzlicher Berufsunfähigkeit führen.

Neben den finanziellen Folgen, die ein erzwungener Ausbildungsabbruch mit sich bringt, wirkt sich das negative Ereignis natürlich auch auf andere Aspekte wie Einbußen in der Bildung und zukünftige Berufsperspektiven aus. Eventuell kann ein Azubi, der zwar aus gesundheitlichen Gründen eine Berufsunfähigkeit für seine Ausbildung als Mauerer geltend macht, trotzdem in einer anderen Branche wie beispielsweise dem Büromanagement, noch Fuß fassen. Allerdings ist eine abgebrochene Ausbildung – egal aus welchem Grund – immer ein Lebenseinschnitt, der von zukünftigen Arbeitgebern kritisch betrachtet werden könnte. Gerade Ausbildungsabbrüche aus psychischen Gründen können zukünftige Arbeitgeber sehr skeptisch bewerten. Grund dafür könnte die Befürchtung sein, dass auch in jener neuen Ausbildung ähnliche Probleme auftreten könnten. Der Druck auf die jungen Menschen steigt dadurch und wirkt sich schlechterdings kontraproduktiv auf die Genesung aus.

Vorsorge für Azubis: Lohnt sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)?

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung, kurz: BU-Versicherung, macht bereits in jungen Jahren Sinn. Je eher Sie sie abschließen, desto günstiger und risikofreier gestaltet sich kurz- und langfristig Ihr Schutz. Sind Sie bei Versicherungseintritt noch recht jung, dann zahlen Sie auch geringere Beiträge. Sie bekommen also die günstigeren Tarife der Versicherer und sparen somit bares Geld. Mit steigendem Alter wird der Abschluss für eine BU-Versicherung teurer. Die laufenden Beiträge über die gesamte Vertragslaufzeit sind dann nämlich um einiges höher. Auch der Eintritt in den Versicherungsschutz gestaltet sich meist als junger Mensch einfacher, beispielsweise durch ein vereinfachtes Prozedere der Gesundheitsprüfung beziehungsweise eines Nachweises des Gesundheitszustands zu Beginn.

Gesundheitsprüfung: Muss das sein?

Bei Abschluss des BU-Versicherungsvertrages müssen Sie zumeist über Vorerkrankungen und Unfallschädigungen Auskunft geben. Diese Auskünfte müssen wahrheitsgemäß erfolgen und können Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge haben. Sie können aber auch dazu führen, dass zukünftige Folgeschäden ausgeschlossen werden. Lassen Sie sich im Zweifel in einem persönlichen Beratungsgespräch ausreichend informieren. Bei Vorerkrankungen oder spezifischen Leiden können übrigens auch ärztliche Atteste oder Arztschreiben angefordert werden.

Berufsunfähigkeitsversicherung für Auszubildende: Ja oder nein?

Sollten Sie in jungen Jahren, aus welchen Umständen auch immer, berufsunfähig werden, sind Sie durch gesetzliche Leistungen in aller Regel unzureichend versorgt. Büßen Sie Ihre ganze Arbeitskraft durch schwere Krankheit oder einen schwerwiegenden Unfall ein, ohne eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen zu haben, müssen Sie Ihren Lebensunterhalt irgendwie bestreiten, was vielen, vor allem jungen Leuten, schwerfallen dürfte.  Ein Abrutschen in die Armut, wie auch die darauffolgende Altersarmut, droht, sollten sie auf keinerlei anderweitige finanzielle Unterstützung zugreifen können. Je früher Sie sich also gegen die Berufsunfähigkeit versichern, desto besser. Mit steigendem Lebensalter wird ein Versicherungsschutz immer kostspieliger und komplizierter – es gibt keinen Grund zu zögern.