Die Gliedertaxe bei Invalidität

Unfälle lassen sich nicht immer vermeiden und ihre Folgen können das Leben von einem Moment auf den anderen verändern. Neben den körperlichen und seelischen Folgen stellt sich auch die Frage nach den finanziellen Auswirkungen. Eine private Unfallversicherung kann hier eine wichtige Rolle spielen. Ein wesentlicher Bestandteil der Unfallversicherung ist die sogenannte Gliedertaxe. Sie dient als Hilfsmittel zur Bestimmung des Invaliditätsgrades bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit von Körperteilen. In diesem Artikel werfen wir nun einen genauen Blick darauf, wie die Gliedertaxe funktioniert, inwiefern sie mit dem Invaliditätsgrad zusammenhängt und worauf Sie bei der Wahl einer Unfallversicherung mit Gliedertaxe achten sollten.

Was ist die Gliedertaxe?

Geschieht ein Unfall, kommen im Zusammenhang mit der Unfallversicherung immer wieder Begriffe wie Gliedertaxe oder Invaliditätsgrad vor. Die beiden Begriffe hängen auch unmittelbar miteinander zusammen. Dazu zunächst ein kleiner Überblick:

  • Invalidität bezeichnet eine langfristige Beeinträchtigung, die durch körperliche oder geistige Schäden verursacht wird.
  • Der Invaliditätsgrad wird anhand der Gliedertaxe und dem Verlust oder der Einschränkung der Funktion bestimmter Körperteile oder Organe bestimmt. Je höher der Invaliditätsgrad, desto höher die Summe, die von der Unfallversicherung gezahlt wird.
  • Die Gliedertaxe wiederum hilft bei der Berechnung des Invaliditätsgrades. Sie ist meist in Form einer Tabelle dargestellt, in der alle möglichen Körperteile samt zugehöriger Gliedertaxe gelistet sind. Abhängig vom jeweiligen Versicherer kann die Gliedertaxe unterschiedlich ausfallen.

Zusammenfassend spielt die Gliedertaxe also eine entscheidende Rolle bei der Festlegung Ihrer Entschädigungszahlungen nach einem Unfall. Je nachdem, welches Körperteil oder Organ betroffen ist und welchen Grad der Beeinträchtigung es aufweist, wird der Invaliditätsgrad bestimmt und damit auch die Höhe Ihrer Entschädigungszahlung festgelegt.

Wann kommt die Gliedertaxe zum Einsatz?

Die Gliedertaxe kommt in der Unfallversicherung zur Anwendung, wenn ein Unfall zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Funktionen führt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein bei:

  • Amputationen: Verlust von Gliedmaßen oder Teilen davon
  • Lähmungen: Beeinträchtigung der motorischen Funktionen
  • Gehirnschäden: Kognitive Einschränkungen
  • Sinnesorganschäden: Beeinträchtigung von Sehen, Hören, Riechen oder Schmecken
  • Verletzungen der Wirbelsäule: Querschnittslähmung
  • Kleinere Verletzungen: Kreuzbandriss, Brüche

Invaliditätsgrad berechnen: So geht’s

Die Auszahlung der privaten Unfallversicherung nach einem Unfall hängt sowohl von der vereinbarten Versicherungssumme als auch von der Gliedertaxe ab. Wie bereits erwähnt, ist aus einer Tabelle zur Gliedertaxe zu entnehmen, welchem Körperteil welcher Prozentwert zugeteilt wird. So können einem Arm beispielsweise 80 Prozent und einem großen Zeh 10 Prozent zugeordnet sein. Aus dem jeweiligen Prozentwert errechnet sich dann zusammen mit der vereinbarten Versicherungssumme und der Progression, wie viel Geld Sie nach einem Unfall von der Versicherung erhalten.

Infobox: Was bedeutet Progression?

Die Progression in der Unfallversicherung ist ein Zusatzbaustein, der die Leistung der Versicherung überproportional erhöhen kann. Wie das funktioniert?

  • Vereinbarung: Bei Abschluss der Unfallversicherung wählen Sie eine bestimmte Progressionsstaffelung, z. B. 225, 350, 500 oder 1.000 Prozent.
  • Leistungssteigerung: Ab einem bestimmten Invaliditätsgrad wird die vereinbarte Versicherungssumme um den gewählten Faktor multipliziert.
  • Beispiel: Bei einer Progression von 350 Prozent und einem Invaliditätsgrad von 100 Prozent erhalten Sie 3,5 Mal die vereinbarte Versicherungssumme. Haben Sie also eine Unfallversicherung mit einer Grundsumme von 200.000 Euro vereinbart und bekommen einen Invaliditätsgrad von 100 Prozent, erhalten Sie aufgrund der Progression 700.000 Euro.

Sie sollten dabei aber immer beachten, dass sich die Versicherungsprämie je nach gewählter Progressionsstaffelung erhöht.

Invaliditätsgrad im Falle der Amputation

Bei einer Amputation wird der Invaliditätsgrad gemäß der Gliedertaxe festgelegt, und anschließend wird die Entschädigung mit der Versicherungssumme verrechnet. Wenn die Gliedertaxe einen Prozentsatz von 70 Prozent angibt und die Versicherungssumme 100.000 Euro beträgt, würde der bzw. die Verunglückte beispielsweise eine Entschädigung von 70.000 Euro erhalten. Damit können finanzielle Lücken, die durch einen Unfall entstehen können, geschlossen werden. Hierzu zählen Umbaumaßnahmen der eigenen vier Wände, finanzielle Absicherung, wenn der Beruf nicht weiter ausgeführt werden kann uvm.

Berechnen der Invaliditätsleistung bei Einschränkung

Wenn ein Körperteil nach einem Unfall nicht amputiert werden muss, sondern in Zukunft eingeschränkt oder nicht mehr voll funktionsfähig ist, bestimmt ein medizinisches Gutachten eines Arztes die Höhe der Auszahlung. Wenn der Arzt feststellt, dass ein Körperteil nur noch zu 50 Prozent belastbar ist, wird der Invaliditätsgrad gemäß der Gliedertaxe halbiert und die Hälfte der Versicherungssumme wird ausgezahlt. Hier ein kleines Beispiel:

  • Versicherungssumme: 100.000 Euro
  • Gliedertaxe für den Daumen: 30 Prozent
  • Invaliditätsgrad laut Arzt: Der Daumen ist noch zu 50 Prozent belastbar.
  • Progression: Keine

In dem Fall, dass der Daumen zwar erhalten bleibt, jedoch nur noch zur Hälfte funktionsfähig ist, wird dem Patienten eine Entschädigung von 15.000 Euro zugesprochen. Dies entspricht der Hälfte von 30 Prozent, also 15 Prozent der Versicherungssumme von 100.000 Euro.

Invalidität mehrerer Körperteile

Sind nach einem Unfall gleich mehrere Körperteile betroffen, werden die jeweiligen Gliedertaxen zusammengenommen. Verliert man als Opfer eines Unfalls etwa seinen Arm (80 Prozent Gliedertaxe) und einen großen Zeh (10 Prozent Gliedertaxe), würde das einer Gliedertaxe von 90 Prozent entsprechen. Somit werden auch 90 Prozent der vereinbarten Versicherungssumme ausgezahlt.

Wichtig: Eine Invalidität kann maximal 100 Prozent betragen, auch wenn die Summe aller involvierten Körperteile darüber hinausgehen würde.

Die Gliedertaxe nicht gelisteter Körperteile

Für die Berechnung des Invaliditätsgrades scheint es immer eine genaue Formel zu geben. Doch was passiert, wenn das betroffene Organ oder Körperteil nicht in der Tabelle der Gliedertaxe gelistet ist? In solchen Situationen wird der Grad der Invalidität mittels ärztlicher Beurteilung festgestellt. Diese individuelle Einschätzung seitens des Arztes bewertet, wie stark diese Verletzungen die Gesamtfähigkeit des Versicherten beeinträchtigen

Übrigens: Eine Unfallversicherung erbringt bereits ab einem Invaliditätsgrad von einem Prozent Leistungen. Damit werden auch geringe Beeinträchtigungen wie schlechtere Sicht auf einem Auge abgedeckt.

Die richtige Unfallversicherung

Bei der Auswahl einer Unfallversicherung ist es von großer Bedeutung, auf verschiedene Aspekte zu achten. Maßgeblich für Ihre Entscheidung sollten dabei immer folgende Schritte sein:

  • Bedarfsanalyse: Um für sich den passenden Versicherungsschutz zu finden, sollten Sie Ihre individuellen Bedürfnisse und Risiken analysieren lassen. Lassen Sie sich dafür am besten von einer ausgebildeten Fachperson beraten.
  • Versicherungssumme: Wählen Sie eine ausreichend hohe Versicherungssumme, die Ihren finanziellen Bedarf im Falle einer Invalidität abdeckt. Es kann schwierig sein, im Voraus die richtige Versicherungssumme für Ihre private Unfallversicherung zu bestimmen. Als Faustregel gilt jedoch, dass die Versicherungssumme idealerweise das Zwei- bis Dreifache Ihres Bruttojahresverdienstes betragen sollte.
  • Gliedertaxe: Vergleichen Sie die Gliedertaxen verschiedener Versicherungen und achten Sie auf eine gute Abstufung der Invaliditätsgrade. Für Handwerker und Handwerkerinnen beispielsweise sollte ein hoher Wert für die Hände oder Finger abgesichert sein.
  • Progression: Wählen Sie eine Progression, die die Entschädigung bei hohen Invaliditätsgraden überproportional erhöht. Gut beraten sind Sie in den meisten Fällen mit einer Progression in Höhe von 350 Prozent.
  • Weitere Leistungen: Achten Sie auf zusätzliche Leistungen, wie z.B. die kosmetische Operation oder die Todesfallleistung.
  • Prämien: Vergleichen Sie die Prämien verschiedener Versicherungen und wählen Sie ein Angebot mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Gibt es verschiedene Gliedertaxen?

Besonderes Augenmerk sollten Sie auf die Gliedertaxe legen. Eine Police mit einer umfassenden Gliedertaxe und klaren Regelungen zur Berechnung der Entschädigungszahlungen, bietet Ihnen die bestmögliche Sicherheit im Falle eines Unfalls.

Es ist ratsam, die Gliedertaxe verschiedener Tarife bei Abschluss einer privaten Unfallversicherung zu vergleichen, da jede Versicherung ihre eigenen Maßstäbe festlegt. Grundsätzlich gibt es eine Empfehlung des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für die Gliedertaxe. So ist bei Verlust eines Arms laut GDV eine Gliedertaxe von 70 Prozent angemessen, während Sie bei unserer Unfallversicherung einen Prozentsatz in Höhe von bis zu 100 Prozent erhalten können.

Die Gliedertaxe – Ein wichtiger Bestandteil der Unfallversicherung

Die Wahl einer Unfallversicherung ist von vielen Faktoren abhängig. Die Gliedertaxe ist dabei jedoch ein zentraler Bestandteil der privaten Unfallversicherung und dient der Bewertung des Invaliditätsgrades nach einem Unfall. Durch die genaue Festlegung der Prozentwerte für verschiedene Körperteile ermöglicht sie eine faire und transparente Berechnung der Entschädigungsleistung. Es ist daher wichtig, die Gliedertaxe verschiedener Versicherungstarife sorgfältig zu vergleichen, um den bestmöglichen Versicherungsschutz zu erhalten. Alternativ könnte eine Unfallversicherung auch Ihre bisherigen Versicherungen ergänzen.