Gender Health Gap: So viel mehr müssen Frauen in medizinische Vorsorge und Untersuchungen investieren

Trotz vieler Bemühungen für und Diskussionen über die Gleichberechtigung der Frauen: Auch im Gesundheitswesen ist in finanzieller Hinsicht heute leider nach wie vor eine Disbalance in der Behandlung zwischen den Geschlechtern zu bemängeln. Sei es bei Kosmetikprodukten, Verhütungsmitteln oder Vorsorgeuntersuchungen: Die preislichen Gegebenheiten für Frau und Mann sind teils höchst verschieden – und das zu Ungunsten der Frauen. 

Zudem sind Frauen auch in Gehaltsfragen nach wie vor oft benachteiligt. Grundsätzlich lässt sich erkennen, dass Frauen für Produkte und Leistungen, die ihrer Gesundheit zugutekommen, einfach viel mehr zahlen müssen als Männer. Welche Unterschiede macht das in der finanziellen Belastungskurve eines Lebens für die Geschlechter wirklich aus? Und welche Ungleichgewichte in der Kostenfestsetzung herrschen vor? Wir klären auf:

Kosten für Verhütung

Wie steht es heute eigentlich um die Verteilung der Kosten für Verhütungsmittel bei Frau und Mann? Ein Thema, das immer wieder die Gemüter erhitzt. Nicht nur, dass Frauen im Laufe ihres Lebens schon eine beachtliche Summe für ihre Periode aufwenden müssen – laut einigen Studien belaufen sich die Kosten hierzu für eine Frau pro Jahr auf gut 500 Euro. Auch in Sachen Verhütung müssen Frauen noch immer deutlich mehr Geld aufbringen. Denn die Verantwortung zur Schwangerschaftsverhütung liegt zumeist noch immer auf Seiten der Frau. Zwar gibt es für Frauen mehr Möglichkeiten zur Empfängnisverhütung, allerdings sind diese auch häufig mit erheblichen Nebenwirkungen für den Körper verbunden.

Bisher waren die Möglichkeiten zur Schwangerschaftsverhütung für Männer dagegen auf zwei Methoden begrenzt: Kondome oder Vasektomie (Sterilisation des Mannes). Doch schritt die Forschung in den letzten Jahren so voran, dass auch die Pille für den Mann bald nicht mehr nur Zukunftsmusik sein wird. Aktuell ist sie aber noch nicht auf dem Markt erhältlich. Für das Jahr 2023 sind aber etliche weitere Studien angesetzt, die vor allem die Pille ohne Hormone für den Mann betreffen. In der Vergangenheit kam es nämlich in Studien für Pillen, die den Hormonhaushalt verändern, zu unerwünschten Nebenwirkungen wie beispielsweise Gewichtszunahme oder Depressionen.

Nicht ganz verwunderlich – sind genau diese Nebenwirkungen doch auch bei der hormonellen Verhütung durch die Pille für die Frau längstens bekannt.

Bezüglich der Verhütungsmittel, die es bis dato auf dem Markt gibt, spielen auch die teils sehr hohen Kosten eine große Rolle für deren Ein- beziehungsweise Nicht-Einsatz. Gerade finanziell sehr schwach aufgestellte Frauen können sich die Kosten oft gar nicht leisten. Erschwerend kommt noch hinzu: Viele Männer fühlen sich laut Nachfragen nicht verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen. Die gesetzlichen Kassen erstatten heute weiblichen Versicherten unter 22 Jahren verschreibungspflichtige Verhütungsmittel wie die Anti-Baby-Pille, den Verhütungsring oder ein gynäkologisches Implantat. Verhütungsmittel, die nicht als Medikament gelten und rezeptfrei erhältlich sind, müssen aber selbst bezahlt werden.
Ab dem 22. Lebensjahr müssen Frauen die Verhütungsmittel meist komplett selbst finanzieren. Somit lassen sich die Kosten für Verhütung bei Frau und Mann auf circa das Folgende schätzen:

Verhütungskosten für Frau:

  • Verhütung mit der Pille: circa 50 bis 240 Euro pro Jahr je nach Anbieter
  • Verhütung mit der Spirale: circa 300 bis 800 Euro für fünf Jahre, circa 60 bis 160 Euro pro Jahr
  • Verhütungsringe: circa 45 bis 50 Euro (3 Ringe), circa 200 bis 250 Euro pro Jahr

Verhütungskosten für Mann:

  • Kondome als Verhütungsmittel: ab circa 3 Euro je Packung
  • Vasektomie: circa 450 bis 900 Euro (einmaliger medizinischer Eingriff, dauerhaft)

Vorsorgeuntersuchungen und die Unterstützung der Krankenkassen

Auch bei Untersuchungen zur Vorsorge Gesundheit allgemein müssen Frauen tiefer in die eigene Tasche greifen. Obwohl gewisse Untersuchungen natürlich die Krankenkassen übernehmen, gibt es doch geschlechterspezifisch weitere empfehlenswerte Vorsorgemaßnahmen, die selbst finanziert werden müssen. Es ist wichtig, dass diese Untersuchungen durchgeführt werden, da sie der frühzeitigen Erkennung von Krankheiten dienen.

Untersuchungen zur Früherkennung von Brustkrebs

Bei der Früherkennung von Brustkrebs für Frauen unterscheidet man zwischen drei Verfahren. Die Kosten nehmen Krankenversicherungen in verschiedenem Ausmaß und verschiedenen Zeitabständen auf sich:

  • Früherkennung von Brustkrebs mittels Tastuntersuchung: Die Kosten für diese Vorsorgeuntersuchung übernimmt die Krankenkasse einmal jährlich.
  • Früherkennung von Brustkrebs mittels Film-Mammografie: Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für die Untersuchung bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre, darüber hinaus haben Frauen vor dem 50. Lebensjahr bei medizinischem Verdacht auf eine Brustkrebs-Erkrankung einen Anspruch darauf.
  • Früherkennung von Brustkrebs mittels Ultraschall: Bei uneingeschränkter Gesundheit ist diese Untersuchung eine präventive IGeL-Leistung (individuelle Gesundheitsleistung). Sie kostet zwischen 35 und 75 Euro. Bei einem konkreten ärztlichen Verdacht auf Brustkrebs-Erkrankung oder bei Patientinnen mit Risikofaktoren werden die Kosten für die Untersuchung von der Krankenkasse aber übernommen.
     

Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs

Ab dem 20. Lebensjahr ist die jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt zur Erkennung und Prävention von Gebärmutterhalskrebs ratsam. Im Rahmen des sogenannten „Pap-Tests“ wird mittels eines Abstrichs mikroskopisch auf mögliche Veränderungen untersucht. Dieser wird als Teil der Vorsorge von den Krankenkassen bezahlt.

Eine weitere Möglichkeit bietet der HPV-Test. Das Ergebnis ist bereits innerhalb weniger Tage bekannt. Für diesen Test werden von gesetzlichen Krankenkassen aber meist die Kosten nicht übernommen. Sie belaufen sich auf circa 50 bis 80 Euro.

Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft

Auch während der Schwangerschaft und nach der Geburt sollten und können Frauen diverse wichtige Untersuchungen wahrnehmen. Die Überwachung von Risikoschwangerschaften, Ultraschalldiagnostik, HIV-Tests und Blutuntersuchungen gehören zum Vorsorgespektrum. Bei Verdacht auf eine Fehlentwicklung des Kindes, werden zusätzliche Ultraschalluntersuchungen von der Kasse übernommen.

Zumeist belaufen sich die Kosten, die die Frau für ihre Schwangerschaftsvorsorge selbst zu tragen hat, auf circa 30 bis 200 Euro. Viele Krankenkassen bezuschussen einige Untersuchungen anteilig bis zu 80 Prozent. Bei einer Risikoschwangerschaft übernehmen die Krankenkassen die Kosten zumeist vollständig.

Chlamydien-Test

Im Bereich der Vorsorge für Frauen ist auch ein Chlamydien-Test dringend zu empfehlen. Eine Chlamydieninfektion ist eine sexuell übertragbare bakterielle Infektion. Sie kann zu Unfruchtbarkeit führen. Für einen Test in der Arztpraxis belaufen sich die Kosten gewöhnlich auf ungefähr 50 bis 100 Euro.

Allgemeine Gesundheits-Vorsorgeuntersuchungen

Geschlechterunabhängig gibt es weitere bekannte Vorsorgeuntersuchungen, die die Krankenkassen übernehmen. Dies trifft vor allem für Personen ab einem Alter von 35 Jahren zu. Diese Vorsorgeuntersuchungen sind unter anderem:

  • Regelmäßiger Gesundheitscheck: ab 35 Jahre
  • Screening zur Hautkrebsvorsorge: ab 35 Jahre
  • Darmspiegelung zur Krebsvorsorge: ab 50 Jahre

Für Männer fallen Zusatzkosten beispielsweise bei Blutuntersuchungen im Labor an. Diese belaufen sich auf circa 20 Euro. Mit einem begleitenden Aufklärungsgespräch bei urologischen Vorsorgeuntersuchungen summiert sich das Ganze auf etwa 50 Euro.

Impfungen - nicht weniger wichtig als Vorsorgeuntersuchungen!

Etwas entspannter und gerechter sieht es im Bereich der Impfungen aus. Nahezu alle von der STIKO (Ständige Impfkommission) empfohlenen Impfungen werden von den Krankenkassen - und natürlich der privaten Krankenversicherung - übernommen. Auch speziell für Schwangere empfohlene Impfungen, beispielsweise die Grippeimpfung, übernehmen die Krankenkassen.
Zur Vorsorgeimpfung gegen Gebärmutterhalskrebs kommen die sogenannten HPV-Impfstoffe zum Einsatz. Sie schützen durch Aufbau einer Immunität gegen bestimmte Typen der sexuell übertragbaren humanen Papillomaviren. Somit dienen diese Schutzimpfungen der Krebsvorsorge. Sie sind von der STIKO nicht mehr nur für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren, sondern seit einigen Jahren auch für alle Jungen in diesem Alter empfohlen. Bis zum Alter von 18 Jahren können diese Impfungen nachgeholt werden. Impfungen im Erwachsenenalter müssen dann selbst finanziert werden. Sie kosten dann circa 160 Euro.
 

Ratgeber Gender Health Gap Vitruvianischer Mensch

Frauen zahlen mehr: Kostenungleichgewicht bei gesundheitlicher Vorsorge und Verhütung.

Fazit: Gesundheit ist teuer, besonders für Frauen

Es ist leider wahr: Frauen müssen zum Schutz ihrer Gesundheit noch immer deutlich tiefer in die Geldbörse greifen als Männer. Auch beim Thema Verhütung tragen Frauen nach wie vor merklich höhere Kosten und nehmen zudem diverse gesundheitliche Beschwerden durch vielerlei Nebenwirkungen auf sich. Diese Disbalance ist zwar ein leidiges Thema, wird allerdings nicht so schnell vom Tisch gewischt werden können.

Frauen können sich aber ein Stück weit gegen finanzielle Überbelastungen absichern. Denn durch bestimmte Zusatzversicherungen für geschlechterspezifische Vorsorgeuntersuchungen oder entsprechende Tarife im Bereich der Privaten Krankenversicherung (PKV) lassen sich – zumindest bis zu einem gewissen Grad – die höheren Kosten auffangen.