Auch ohne Lehramt-Studium zum Lehramt – was man wissen muss

In Deutschland sind bekanntermaßen viele Lehrstellen unbesetzt. Händeringend suchen Schulen aller Schularten nach Lehrpersonal. Seit einiger Zeit können Studierte über einen alternativen Bildungsweg zum Lehramt gelangen. Mit einem Quereinstieg als Lehrer eröffnen sich Ihnen etliche Chancen. Für Interessierte lohnt sich also ein Blick auf die Möglichkeiten im Schulwesen. Als Studienabsolvent eines spezifischen Studienfaches haben Sie nämlich prinzipiell das Fachwissen in diesem Bereich erlernt und können auch als Lehrer arbeiten. Sie benötigen dazu kein zweites Studium, sondern lediglich eine Weiterqualifizierung. Unter Umständen erwartet Sie dann sogar eine Beamtenstelle.

Einflussfaktoren

Sie haben zwar kein Lehramtsstudium absolviert, aber dennoch ein Studium in einem oder mehreren lehramtsrelevanten Fächern? Dann erfüllen Sie prinzipiell die Voraussetzungen für einen Quereinstieg als pädagogische Fachkraft in einer Schule. Denn es gibt heute einfach nicht mehr genügend Lehrer. Die Einstiegsmöglichkeiten wurden deshalb in den letzten Jahren erheblich gelockert. Über alternative Qualifizierungswege gelangen Sie mittlerweile zum Lehramt. Wie gut Ihre Aussichten sind, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab:

  • der möglichen Fächerkombination
  • dem angestrebten Einsatzort
  • der bevorzugten Schulform

Besonderheiten je Bundesland

Die Fächer, in denen besonders hoher Lehrermangel herrscht, differieren je Jahr und Bundesland. Je nachdem, in welchem Bundesland Sie als Lehrer tätig werden möchten, besuchen Sie als Quereinsteiger zu Beginn einen mehrwöchigen – oder manchmal auch nur mehrtägigen – Einführungskurs. Im Anschluss qualifizieren Sie sich berufsbegleitend weiter. Zudem erfahren Sie ab Beschäftigungsbeginn in den Schulen besondere Unterstützung – beispielsweise durch Mentoring.

In einigen Bundesländern gibt es den Quereinstieg allerdings nur in das berufsbegleitende Referendariat. Bundesländer, in denen besonderer Mangel an Lehrkräften herrscht, lockern aber die Bedingungen zum Einstieg für qualifizierte Interessenten oft noch zusätzlich.

Quereinstieg vs. Seiteneinstieg

QuereinsteigerInnen haben nicht auf Lehramt studiert. Der klassische Quereinstieg funktioniert über das bekannte Referendariat, das auch LehramtsstudentInnen absolvieren. Dabei unterrichten Sie sozusagen auf Probe und erhalten nach dem erfolgreichen Abschluss und dem bestandenen Staatsexamen die volle Lehrbefähigung. Auch stellt sich Ihnen sogar die Möglichkeit auf eine Verbeamtung.
Im Gegensatz dazu absolvieren Sie bei einem Seiteneinstieg die pädagogische Ausbildung berufsbegleitend. Sie starten also sofort mit dem Unterrichten. Sie sind dann allerdings hinsichtlich der Anerkennung der Lehrbefähigung als auch der Höhe des Gehalts von den Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes abhängig. Auch die Option auf eine Verbeamtung stellt sich bei dieser Variante nicht überall. Je nach Bundesland sind spezifische Bedingungen und Möglichkeiten verschieden.

Baden-Württemberg

Beim Seiteneinstieg können Interessierte unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Lehramtsstudium in den Vorbereitungsdienst für das höhere Lehramt an allgemeinbildenden Gymnasien und beruflichen Schulen eintreten. Mit dem Erwerb des Zweiten Staatsexamens am Ende des Vorbereitungsdienstes stehen Ihnen die Lehrereinstellungsverfahren offen. Zielgruppen sind vor allem UniversitätsassistentInnen sowie universitäre Diplom-AbsolventInnen.

Bayern

Falls in einer Fächerkombination einer Schulart über einen längeren Zeitraum zu wenige BewerberInnen zur Verfügung stehen, kann vom Staatsministerium in Bayern eine sogenannte Sondermaßnahme eingerichtet werden. Diese Sondermaßnahmen richten sich an BewerberInnen, die keine Erste Staatsprüfung, jedoch einen einschlägigen anderen Universitätsabschluss vorweisen können. Unter gewissen Voraussetzungen kann Ihnen somit als Quereinsteiger der Eintritt in das Referendariat und damit das Ablegen der Zweiten Staatsprüfung ermöglicht werden.

Brandenburg

In Brandenburg wird vermehrt auf den Einsatz von Seiteneinsteigern beim Ausgleichen des Lehrkräftemangels gesetzt. In der Regel ist die Voraussetzung für den Seiteneinstieg ein Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. SeiteneinsteigerInnen erhalten Zugang zum Vorbereitungsdienst und erlangen nach bestandener Staatsprüfung die Lehramtsbefähigung.

Berlin

Der Lehrkräftemangel in Berlin ist akut. Insbesondere in den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik besteht großer Bedarf an Lehrkräften. Die Voraussetzungen für den Quereinstieg ins Berliner Schulwesen sind derzeit ein Diplom-, Master- oder Magisterabschluss oder das Erste Staatsexamen.

Bremen

In Bremen gibt es drei Wege des Seiteneinstiegs. Seiteneinstieg A und B setzen voraus, dass BewerberInnen ein wissenschaftliches Hochschulstudium mit zwei Fächern absolviert haben.

Wenn ein wissenschaftliches Hochschulstudium mit nur einem Fach vorliegt, tritt Variante drei ein. Hier handelt es sich um eine Kombination aus Studium und berufsbegleitender Ausbildung.

Hamburg

In Hamburg ist der Quereinstieg in Fächern oder Fachrichtungen möglich, in denen besonders akuter Bedarf besteht. Auch hier sind wie in Berlin insbesondere Lehrkräfte in den MINT-Fächern gefragt. Die Voraussetzung für den Quereinstieg ist ein Hochschulabschluss, wie Diplom, Magister oder Master.

Hessen

In Hessen besteht die Möglichkeit des Quereinstiegs in sogenannten Mangelfächern, also Fächern, in denen dauerhaft zu wenig LehrerInnen zur Verfügung stehen. Die Mindestvoraussetzungen sind hier ein universitärer Studienabschluss mit der Gesamtnote „befriedigend“. Der Quereinstieg erfolgt dann über den pädagogischen Vorbereitungsdienst.

Mecklenburg-Vorpommern

Das Bundesland bietet die Möglichkeit des Seiteneinstiegs mit oder ohne Hochschulabschluss. Letztere Option gilt nur unter besonderen Voraussetzungen und mit Nachweis einer abgeschlossenen Berufsausbildung und/oder Berufserfahrung.

Niedersachsen

In Niedersachsen gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten für den Quereinstieg: Die erste Option ist der klassische Weg über den Vorbereitungsdienst, der bei hoher Bedarfslage auch BewerberInnen ohne Lehramts- aber mit Hochschulstudium offensteht. Die zweite Möglichkeit ist die direkte Bewerbung für den Schuldienst. Diese wird aber nur nachrangig berücksichtigt.

Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen ist der Seiteneinstieg an allen Schulformen möglich. Davon ausgenommen sind Förderschulen und die Fächer Deutsch und Mathe an Grundschulen. Unterschiedliche Wege ermöglichen den Einstieg. Mit einer fachspezifischen Ausbildung, wie beispielsweise einer Meisterprüfung, ist der Seiteneinstieg in Ausnahmefällen sogar an Schulformen der Sekundarstufe I möglich.

Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz besteht ebenfalls die Möglichkeit des Seiten-, wie auch Quereinstiegs. Die Voraussetzung für den Seiteneinstieg ist ein Hochschulabschluss in einem schulischen Bedarfsfach oder die Erste Staatsprüfung. Beim Quereinstieg erfolgt der Einstieg durch den vorgelagerten Vorbereitungsdienst, also das Referendariat.

Saarland

Im Saarland gestaltet das saarländische Seiteneinsteigerprogramm für die Lehrämter an allgemeinbildenden Schulen den Einstieg. Aktuell wird es allerdings nicht angeboten, da kein Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften besteht.

Sachsen

In Sachsen ist der Seiteneinstieg in den Schuldienst mit einem Hochschulabschluss möglich. SeiteneinsteigerInnen erhalten zunächst eine dreimonatige Einstiegsfortbildung. Danach schließt sich berufsbegleitend eine fachliche, pädagogische und wissenschaftliche Qualifizierung an einer sächsischen Universität an.

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt setzt ebenso auf SeiteneinsteigerInnen. Bevor Sie dort in den Schuldienst eintreten, durchlaufen Sie zunächst einen vierwöchigen pädagogischen Einführungskurs. Darauf folgt eine berufsbegleitende, zweijährige bildungswissenschaftliche und fachdidaktische Qualifizierung.

Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein können Sie über drei Modelle einsteigen: Quereinstieg, Seiteneinstieg oder Direkteinstieg. Quereinstieg und Seiteneinstieg laufen wie gewöhnlich ab. Der Direkteinstieg ist nur an berufsbildenden Schulen möglich und richtet sich an BewerberInnen mit Fachhochschulabschluss, Bachelorabschluss und mindestens zweijähriger Berufserfahrung.

Thüringen

In Thüringen ist der Seiteneinstieg und der Quereinstieg (wird in Thüringen auch Seiteneinstieg genannt) über den Vorbereitungsdienst möglich. Auch Personen mit Fachhochschul- oder Meisterabschluss können sich für den Seiteneinstieg an berufsbildenden Schulen bewerben.

Eine einheitliche Form der Umschulung zum Lehrer gibt es also nicht. Jedes Bundesland stellt seine eigenen Vorgaben. Da die Voraussetzungen für einen Quereinstieg mal mehr und mal weniger streng und langwierig sind, kann es sich lohnen, örtlich flexibel zu sein. Wenn Sie bereit zu einem Umzug in ein anderes Bundesland sind, haben Sie erhöhte Chancen, dass Ihr Quereinstieg klappt.

Schularten

In folgenden Schularten werden in Bayern Programme für den Quereinstieg durchgeführt:

  • Mittelschule
  • Förderschule (Sonderpädagogik)
  • Realschule
  • Gymnasium
  • Berufliche Schulen

Mittelschule

Sie verfügen über einen universitären Studienabschluss (Master, Diplom, Magister, oder vergleichbarer Abschluss) in einem der Fächer aus dem Fächerkanon der Schulart Mittelschule, wie unter anderem Biologie, Chemie, Geographie, Geschichte, Informatik, Kunst, Mathematik, Musik, Physik, Politik und Gesellschaft? Und Sie haben Ihr Studium mit der Gesamtnote 3,5 oder besser abgeschlossen? Dann kommen Sie im Prinzip für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an einer Mittelschule in Frage. Vorbehaltlich eines in Aussicht stehenden Beschlusses des Landespersonalausschusses können sich auch Personen mit Hochschulabschluss Master für diese Sondermaßnahme bewerben.

Förderschule

Um an einer Förderschule den Quereinstieg meistern zu können, benötigen Sie entweder:

  • Einen Studienabschluss in einem sonderpädagogischen bzw. pädagogischen Master-, Diplom- oder Magisterstudiengangs an einer deutschen Universität und zusätzlich eine mindestens 4-monatige Bewährungszeit an einer Förderschule.
  • Eine erfolgreich bestandene Erste Lehramtsprüfung für andere Lehrämter und zusätzlich eine mindestens 4-monatige Bewährungszeit an einer Förderschule (bei Lehramt Realschule oder Gymnasium) oder einer mindestens einjährigen Bewährungszeit an einer Förderschule (bei anderen Lehrämtern).
  • Einen Abschluss eines für das Lehramt für Sonderpädagogik geeigneten Master-, Magister- oder Diplomstudiengangs einer deutschen Universität und zusätzlich eine zweijährige Bewährungszeit an einer Förderschule.

Realschule

Zum Quereinstieg an Realschulen verfügen Sie über einen mindestens mit der Note „gut“ abgeschlossenen universitären Magister-, Diplom- oder Masterabschluss einer Universität oder Kunsthochschule. Daneben sind auch universitäre Masterabschlüsse aus den Staaten der EU, des EWR, der Schweiz, weiterer Staaten der europäischen Region sowie aus Australien, Kanada und Neuseeland berücksichtigungsfähig. Der abgeschlossene Studiengang muss eine fachlich äquivalente Fächerverbindung sein. Hierzu gehören beispielsweise Verbindungen wie Mathematik/Physik, Chemie/Physik oder Deutsch/Französisch. Auch speziellere Fächerverbindungen können unter gewissen Voraussetzungen berücksichtigt werden.

Gymnasium

Um an Gymnasien als Quereinsteiger Fuß fassen zu können, verfügen Sie über einen Magister-, Master- oder Diplomabschluss einer Universität oder Kunsthochschule im Europäischen Hochschulraum in einem der folgenden Fächer:

  • Biologie/Chemie (Master/Diplom Biologie)
  • Deutsch/Ethik (Master Deutsch/Germanistik mit Haupt- oder Nebenfach Philosophie im Rahmen des Masterstudiums oder eines Bachelorstudiums)
    oder:
    Master Philosophie mit Haupt- oder Nebenfach Deutsch/Germanistik im Rahmen des Masterstudiums oder eines Bachelorstudiums
  • Deutsch/Französisch (Master im Bereich interkulturelle Studien/Literatur/Sprachen der Deutsch-Französischen Hochschule)
  • Mathematik/Informatik (Master/Diplom im Bereich Informatik)
    Master/Diplom Mathematik mit Nebenfach Informatik
  • Mathematik/Physik (Master/Diplom im Bereich der Physik)
    Master/Diplom Mathematik mit Nebenfach Physik
  • Kunst (Doppelfach) Master/Magister in Kunstpädagogik oder einem gleichwertigen kunstpädagogischen Studium (bevorzugt)
    Master/Magister/Diplom eines gestalterischen Studiengangs mit min. 3-jähriger berufspraktischer Erfahrung an Gymnasien oder FOSBOS in Deutschland

Berufliche Schulen

Für einen Quereinstieg an beruflichen Schulen haben Sie entweder:

  • Einen Studienabschluss in einer der nachfolgenden Fachrichtungen oder in einem verwandten oder ausreichend affinen Studiengang: Bautechnik, Elektro- und Informationstechnik, Agrarwirtschaft, Informationstechnik mit Schwerpunkt Informatik, Druck- und Medientechnik, Labor- und Prozesstechnik (einschließlich Chemie sowie Umwelttechnik und regenerative Energien), Sozialpädagogik, Physik
  • Einen Universitätsabschluss (Master, Diplom) sowie zusätzlich einschlägige Berufsausbildung oder einjähriges einschlägiges Betriebspraktikum oder einjährige einschlägige Berufstätigkeit außerhalb des Schuldienstes in Vollzeit
  • Einen Masterabschluss einer Fachhochschule/Hochschule für angewandte Wissenschaften sowie zusätzlich: einschlägige Berufsausbildung oder mindestens zweijährige einschlägige Berufserfahrung außerhalb des Schuldienstes in Vollzeit oder mindestens die Note „gut“

Perspektiven und Risiken

Die enorme Vielzahl an diversen Möglichkeiten und Voraussetzungen kann auf den ersten Blick erschlagen. Werden Sie sich zuerst sicher, ob der Lehrerberuf wirklich für Sie geeignet ist – und zwar mit all seinen Facetten. Neben dem erforderlichen Fachwissen in den einzelnen Fächern ist eben auch der enorm hohe pädagogische Aspekt zu bedenken. Immer wieder werden unter diesem Gesichtspunkt die neuen Möglichkeiten scharf kritisiert. Denn, kann in so kurzer Zeit wirklich das pädagogische Grundwissen in ausreichendem Maße vermittelt werden? Die Lösung eines Quereinstiegs sollte in ihrer Grundidee sowohl Schülern wie Lehrern zugutekommen. Daher ist die persönliche Eignung von größter Wichtigkeit.

Fakt ist auch, dass eine Umschulung zum Lehrer keine Garantie für eine lange Karriere als Lehrer sein muss. Viele Quereinsteiger werden nur als Vertretungslehrer eingestellt oder haben befristete Arbeitsverträge. Zwischen den Vorstellungen, die Betroffene zu einer Umschulung zum Lehrer bewogen haben und der Realität klaffen dann leider oftmals große Lücken. Dies alles sollten Sie bedenken, um sich im Nachhinein etwaige Enttäuschungen zu ersparen.

In der Anfangsphase zeigt sich die Unterstützung durch Schulleitung und Kollegen sehr wichtig. Dadurch können Sie sich zu Beginn den Einstieg in das Schulwesen erheblich erleichtern.

Wenn Sie sich zu einem Quereinstieg als Lehrer entscheiden, sollten Sie auch versicherungstechnisch auf der sicheren Seite sein. Eine geeignete Diensthaftpflichtversicherung ist daher essenziell wichtig, Sie sind als Lehrer in der Arbeitszeit zwar in erster Linie durch Ihren Dienstherrn abgesichert, der im Schadensfall (zunächst) die Verantwortung übernimmt. Doch bei Nachweis grober Fahrlässigkeit können Sie mit zur Verantwortung gezogen werden. Daher ist eine Diensthaftpflichtversicherung für LehrerInnen immer empfehlenswert.