Gibt es in Deutschland Tornados – und wenn ja, wie kann ich mich schützen?

Extremwetterlagen nehmen weltweit (und auch in Deutschland) wegen des Klimawandels zu. Seit 1970 haben sie sich bei uns im Land sogar verdreifacht. Trotzdem verbinden wir vor allem hierzulande Sturmböen, Starkregen und Gewitter eher mit „ziemlich schlechtem Wetter“, nicht aber mit ausgewachsenen Wirbelstürmen. Hurrikans oder Tornados kennen die meisten von uns meist nur aus Filmen oder der Berichterstattung anderer Länder (zum Glück!). Wer an Hurrikans und Tornados denkt, verbindet diese Wetterphänomene darum zumeist auch mit fernen Regionen außerhalb Deutschlands. Besonders die USA – und dort speziell der mittlere Westen – sind für beides bekannt. 

Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Sturmarten besteht übrigens darin, dass sich Hurrikans ausschließlich über den Ozeanen bilden und einen eher langsamen Prozess durchlaufen. Ihr Entstehungsprozess dauert recht lange und im Schnitt beträgt die Lebensdauer eines Hurrikans eine Woche – kein Spaß! 

In seltenen Fällen kann ein Hurrikan auch bis zu vier Wochen fortbestehen. Satelliten können Hurrikans aufgrund dieser Faktoren glücklicherweise relativ frühzeitig erfassen. Anhand der meteorologischen Daten lassen sich zudem ihre wahrscheinlichen Routen recht genau prognostizieren. 

Bei Tornados (manchmal auch Windhose genannt) sieht die Lebensdauer dagegen ein wenig anders aus, wie wir Ihnen gleich zeigen werden!

Wie entsteht ein Tornado?

Tornados sind tückisch. Wenn sich Luftmassen mit unterschiedlicher Feuchte oder Temperatur übereinander schieben oder kollidieren, bilden sich Gewitterwolken. Werden diese Wolken aufgrund einer günstigen Topologie und des so genannten Corioliseffekts in eine Rotation gebracht, kann sich eine spiralförmige Struktur entwickeln. Bildet sich darin dann auch noch ein enger und noch schneller rotierender Wirbel, der bis auf den Boden reichen kann, ist ein Tornado geboren. Das passiert zwar glücklicherweise äußerst selten - wenn, dann aber leider oft ziemlich plötzlich und nicht wirklich vorhersehbar. Zudem existiert ein Tornado häufig nur für Sekunden oder wenige Minuten.

Wie gefährlich ein Tornado ist, hängt dabei von vielen verschiedenen Faktoren ab: Entscheidend ist natürlich einerseits die Menge der in Rotation gebrachten Luftmasse. Zum anderen ist die Rotationsgeschwindigkeit und die daraus resultierende Windstärke von großer Bedeutung. Aufgrund dieser Werte werden Tornados mit der sogenannten Fujita-Skala klassifiziert. Diese reicht von F0 bis F12, wobei natürlich entstandene Tornados weltweit höchstens F5 erreicht haben. 

Ein F5-Tornado erreicht Spitzen-Windgeschwindigkeiten von über 500 Stundenkilometer, tobt also bereits ziemlich heftig. Dabei wirken Kräfte, die nichts weiter als eine Schneise der Zerstörung hinterlassen.

Hier bleibt buchstäblich kein Stein auf dem anderen, Bäume werden entwurzelt und der Wind schält sogar den Asphalt von den Straßen. 

Was ist der Corioliseffekt?

Wenn unsere Erde um die eigene Achse rotiert, hat das Auswirkungen auf die Luftströmungen des Planeten. Denn Winde werden dadurch abgelenkt - man spricht dann von dem Corioliseffekt.

Gibt es in Deutschland Tornados?

Die landläufige Meinung, dass Tornados ausschließlich anderen Kontinenten oder einer düsteren fernen Zukunft vorbehalten seien, ist leider falsch. Hier hießen die zerstörerischen Windphänomene nur lange Zeit anders: Windhosen!

Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe solcher Tornados, die Europa bereits in der Vergangenheit durchgeschüttelt haben und von den Wetterdiensten festgestellt wurden. Heftige Tornados der Stufe F5 gab es beispielsweise in Deutschland in den Jahren 1764 und 1800, in den Niederlanden 1950, in Frankreich 1967 und in Italien 1930. Auch ein starker Tornado kommt also (leider) von Zeit zu Zeit in unseren Breiten vor.

Die Liste schwächerer Tornados ist zudem deutlich länger, ihr Auftreten also häufiger. Gefährlich können sie aber trotzdem sein: Auch bei einem F4 Tornado erreicht der Wind eine Geschwindigkeit von 333 bis 418 Kilometer pro Stunde - wodurch selbst schwere Gegenstände zu Projektilen werden und erhebliche Schäden verursachen können.

Gut zu wissen:

Wie groß ist die Gefahr vor Elementarschäden für das eigene Eigentum? Was Sie zu Überschwemmung & Co. wissen müssen, erfahren Sie in unserem Hausbesitzer-Ratgeber.

„Tornado Alley“ in Europa: Nimmt die Wahrscheinlichkeit vor den schweren Wirbelstürmen zu?

In den USA gibt es die so genannte „Tornado Alley“ – eine Zone rund um die Bundesstaaten Oklahoma, Kansas, Missouri, Nebraska, South Dakota und Texas. Hier prallt die kalte Polarluft auf die feuchtwarmen Luftmassen aus dem Golf von Mexiko. Begünstigt wird dieses Aufeinandertreffen durch eine flache Topologie, die nahezu ohne Bodenerhebungen auskommt. Die Bedingungen für die Entstehung von Tornados sind hier nahezu optimal. Das führt dazu, dass nicht nur häufig Tornados entstehen, sondern von diesen auch eine große Gefahr ausgeht. 

Doch kann es ein solches „Tornado Alley“ auch in Europa geben? Die Antwort auf diese Frage ist (leider): Ja. Es gibt tatsächlich eine europäische „Tornado Alley“ – und ein Teil von Deutschland liegt genau in dieser Zone. Gebirgsketten wie die Alpen, die Pyrenäen oder auch die Mittelgebirge sind nämlich eine natürliche Barriere für subtropische Luftströme. Relativ ungeschützt und gleichmäßig flach ist ein Gürtel, der sich von Südengland über die nördliche Hälfte Deutschlands bis Polen erstreckt.

Hier trifft warme und feuchte Mittelmeerluft auf trockene innerkontinentale Luftmassen. Die stürmische Folge: Großbritannien ist sogar weltweit das Land, das die meisten Tornados pro Quadratmeter Grundfläche hervorbringt. 

Wie viele Tornados sich jedes Jahr in Deutschland bilden, ist leider jedoch (noch) nicht genau bekannt. Aktuell geht man von rund 60 Fällen aus, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Die gute Nachricht: Der Anteil an starken Tornados mit entsprechendem Gefahrenpotenzial ist (bisher) eher gering.

Grundsätzlich kam es aber in den letzten vierzig Jahren zu einer Verdreifachung der Extremwetterlagen – und das könnte auch bei uns zu deutlich „stürmischeren“ Zeiten führen. Denn: Je häufiger sich Gewitter bilden, desto häufiger resultieren daraus auch Tornados

Zudem sorgt die Erderwärmung dafür, dass die Luft mehr verdunstetes Wasser enthält. Luftströme werden feuchter und hemmende Kaltfronten seltener. Beides begünstigt die Bildung von Tornados und deren Intensität. Mittelfristig kann das dazu führen, dass in unserer europäischen Tornado-Alley bald amerikanische Verhältnisse herrschen. Kein schöner Gedanke – insbesondere aufgrund der Tatsache, dass sich Tornados kaum vorhersagen lassen und es keine validen Frühwarnsysteme gibt!

Was kann ich tun, wenn ich in einen Tornado gerate?

Grundsätzlich sollte man unter freiem Himmel immer einen Blick auf die Wolkenlandschaft haben. Gewittern sollten ohnehin gemieden werden, das ist klar. Sobald Wolken in Rotation geraten oder sich ungewöhnlich auftürmen, besteht (zumindest theoretisch) Tornadogefahr.

Hat sich ein Tornado gebildet, lässt sich möglicherweise aus der Ferne abschätzen, welchen Weg er nimmt. Ein Tornado bewegt sich nämlich meist zwar etwas krumm. Seinen wahrscheinlichen Verlauf kann man aber trotzdem grob an der bisherigen Bahn abschätzen. Der „Weg des Tornados“ sollte dann natürlich unbedingt gemieden werden. Klar.

Bin ich im Auto vor Tornados sicher?

Während ein Auto bei einem Gewitter wenigstens noch als Faraday’scher Käfig dient (und damit zumindest vor Blitzen schützt), bietet es bei einem Tornado leider nur wenig Schutz. Es hilft höchstens dabei, der Route des Tornados überlegt und besonnen zu entkommen. Tornados bewegen sich im Schnitt mit 30 bis 50 km/h fort, da ist das Auto glücklicherweise schneller. Davon abweichend können Tornados jedoch auch auf der Stelle verweilen oder (das ist aber sehr, sehr selten) mit über 100 km/h über das Land hinwegfegen.

Wer auf der Autofahrt von einem Tornado überrascht wird, muss zudem mit einer deutlich eingeschränkten Sicht rechnen. Aufgewirbelter Staub kann selbst bei einem schwachen Tornado dazu führen, dass eine Weiterfahrt kaum möglich ist. 

Ein parkendes Auto bietet aber keinen effektiven Schutz, da ein Tornado im schlimmsten Fall in der Lage ist, das Auto meterhoch durch die Luft zu wirbeln. Im Auto sind Sie also nicht unbedingt sicher – doch wo dann?

Wie kann ich mich (und mein Haus) vor einem Tornado schützen?

Den besten Schutz bieten solide Bauwerke oder Keller – oder natürlich ein vor Unwetter gut geschütztes Haus. Denn Tornados in Deutschland sind normalerweise nicht stark genug, um feste Bauwerke einzureißen. Da es jedoch auch hier zu Schäden kommen kann, sollten Fenster und Türen im Falle eines Sturms gemieden werden. Sie sollten also dem wilden "Schauspiel der Natur" nicht unbedingt vom Fenster aus beiwohnen. 

Auch Dachstühle oder Dachabdeckungen sind möglicherweise ein Schwachpunkt eines Gebäudes und somit zu einer ernsten Gefahr im Tornadofall werden. Als Hausbesitzer können Sie sich gegen Tornados übrigens mit einer Wohngebäudeversicherung schützen, die im Fall der Fälle auch Schäden durch Tornados reguliert.

Da mit solchen Extremwetterlagen auch häufig Starkregen und Überschwemmungen einhergehen, sollten Sie auch diese Elementarschäden übrigens möglichst mitabdecken. Was genau der Unterschied zwischen den beiden Versicherungen ist und welche Rolle die Hausratsversicherung dabei spielt, zeigen wir Ihnen in unserem Sturmschäden-Ratgeber.