Nachhaltigen Fisch erkennen: So schonen Sie beim Einkaufen Tier und Meer

In Deutschland werden immer mehr Fisch und Meeresfrüchte gegessen. Stolze 14,4 Kilogramm landeten 2019 im Durchschnitt pro Kopf auf den Tellern. Am beliebtesten sind Klassiker wie Alaska-Seelachs, Hering, Thunfisch und natürlich der traditionelle Dauerbrenner Lachs. Allerdings nicht nur, weil Fisch einfach gut schmeckt. Durch seinen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, viel hochwertigem Eiweiß, einer geringen Kalorienanzahl und vieler Mineralstoffe tragen die meisten Fischarten auch zu einer ausgewogenen und gesundheitsbewussten Ernährung bei.

Die große Wertschätzung in Küche und Restaurant für den fischigen Gaumen-Genuss ist also zu Recht hoch, obwohl rund um den Konsum zahlreiche Probleme bekannt sind – etwa die Überfischung der Meere oder Tierquälerei und Umweltverschmutzung in und durch Fischzuchten.

Damit bei Ihrem nächsten leckeren Fischgericht nicht auch das schlechte Gewissen mit auf dem Speiseplan steht, haben wir uns dem Thema angenommen: Um zu wissen, ob der Fischfang auch im Einkaufskorb eine gute Wahl darstellt, beantworten wir in unserem „Einkaufsratgeber Fisch“ daher die wichtigsten Fragen.

Wir zeigen, wie und woran Sie nachhaltig gefangenen Fisch erkennen und wie man bedrohte Fischarten durch den richtigen Kauf schützt. Denn schließlich sind wir uns doch einig: Beim Kochen, Braten oder Brutzeln sollte nur der frische Fisch (und nicht das Ökosystem) in die Pfanne gehauen werden!

Schon gewusst?

14,4 Kilogramm Fischverzehr pro Kopf sind eigentlich gar nicht mal so viel – jedenfalls im internationalen Vergleich: Großbritannien, Italien und die USA bringen es nämlich locker auf mehr als 20 Kilogramm. In Frankreich, China und Schweden sind es sogar über 30 Kilo - und in Island ganze 60 Kilogramm Fischverzehr pro Kopf.

Welchen Fisch kann ich trotz der Überfischung der Meere mit gutem Gewissen essen?

Um ganz ehrlich zu sein: Leider sind es nicht mehr sonderlich viele Fische, die man mit gutem Gewissen verspeisen kann. Sage und schreibe 90 Prozent aller Fischbestände sind nämlich bereits überfischt oder an der Grenze zur Überfischung – das maßlose Wegfischen ist dabei die größte Bedrohung für die Artenvielfalt und die Gesundheit der Meere.

Besonders im europäischen Mittelmeer und im Schwarzen Meer hat der weltweite Fischbedarf den tierischen Reichtum zu Wasser bereits (fast) erschöpft. Und das wohlgemerkt in lediglich 70 Jahren industriellem Fischfang!

Wer trotzdem nicht komplett auf Fisch verzichten will, sollte beim (wöchentlichen) Fischkauf ein paar Punkte beachten:

  • Fisch sollte eine nicht-alltägliche Delikatesse sein. Wenn jeder Deutsche nur einmal die Woche zu Fisch oder Meeresfrüchten greifen würde, ließe sich der jährliche Verbrauch pro Kopf bereits von 14,4 Kilogramm auf nur noch etwa acht reduzieren. Und damit wäre den Beständen schon sehr geholfen. Fisch sollte als Lebensmittel also bewusst gewählt werden.
  • Eine unbedenkliche Wahl beim Fischeinkauf sind dagegen Karpfen und Welse oder Muscheln wie Zucht-Austern. Die sind in ihren Beständen nirgendwo auf der Welt bedroht. Auch Wasserbewohner wie der Barramundi, Forellen, Tilapia, Zander, Seezunge, Lachs oder Flusskrebse sind empfehlenswert, sofern sie aus einer guten Aquakultur stammen. Woran Sie diese erkennen, zeigen wir gleich.
  • Verzichten sollte man dagegen auf gefährdete Wildfische wie Aal, Dorade, Schillerlocke, Flunder, Brasse, Seeteufel, Schnapper, Stör, Wolfsbarsch und Thunfisch – sofern sie nicht aus einer empfohlenen (!) Zucht stammen. Auch Venusmuscheln sind stark im Bestand bedroht und sollten daher eher nicht auf dem Teller landen.

Die Bayerische Experten-Tipp:

Damit Sie beim Fischkauf immer zuverlässig informiert sind, wie es um die Fischbestände steht, hier ein Tipp: Der WWF-Fischratgeber zeigt als App aus dem Play Store oder dem App Store in drei Kategorien an, welcher Fisch eine gute Wahl beim Einkauf darstellt – und welcher eher nicht. Weitere Fischratgeber gibt es aber natürlich auch von anderen Umweltschutz-Organisationen wie beispielsweise Greenpeace.

Um nachhaltigen Fisch beim Einkauf zu erhalten, ist es vor allem wichtig, auf die entsprechenden Zertifizierungen zu achten. Denn Tierwohlsiegel gibt es nicht nur zur artgerechten Haltung von Schwein, Rind & Co. - sondern auch für den ökologischen, umweltbewussten Fischkauf im Super- oder Biomarkt.

Im Überblick: Diese wichtigen Siegel gibt es für nachhaltigen Fisch

Die Überfischung zeigt, dass der Reichtum der Meere nicht nur in den Fanggebieten endlich ist. Vor allem industrielle Fangmethoden sind meist nicht ökologisch und ein großes Problem für die Ozeane. (Grund-)Schleppnetze oder Langleinen haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Bestände, sondern belasten auch die Meeresböden und gehen häufig mit viel Beifang einher. Schildkröten, Delfine und Haie landen so gleichfalls am Haken oder im Netz – und sterben. Auch das sollte nicht sein.

Da also nicht nur manche Fischbestände vom Aussterben bedroht sind, sondern durch Beifang auch andere Meeresbewohner gefährdet, ist fast jedes zweite Angebot im Laden inzwischen das eines Zuchtfischs. Klingt erstmal gut, birgt aber leider auch ein paar Probleme: So ist der Antibiotika-Einsatz gegen potenzielle Krankheiten häufig hoch und vorschnell, die Futterzufuhr immens – und teils besteht die Mastnahrung sogar aus Fischabfällen (schlimmstenfalls der eigenen Art). Durch die Zuchtanlagen entsteht zudem an manchen Orten erhebliche Umweltweltverschmutzung. Auch hier gibt es beim Fischkauf also viele Fallstricke.

Umweltschutzorganisationen empfehlen deshalb, beim Kauf zumindest auf ein anerkanntes, einigermaßen glaubhaftes Zertifikat zu achten. Zwar kann man (leider) auch diesen nicht uneingeschränkt trauen, da die Vorgaben oft nur schwer zu kontrollieren sind – oder schlichtweg nicht ausreichen. Dennoch bieten sie zumindest eine kleine Hilfestellung und sind daher besser als keine Zertifizierung. Wir stellen darum die drei Wichtigsten vor.

1. Das MSC-Siegel: Marine Stewardship Council

Das MSC-Siegel ist das bekannteste und auch am weitesten auf Produkten verbreitet. Es richtet sich an Fischereien, die auf den Weltmeeren fangen oder angeln. Es umfasst also nicht die Bestände in Süßwasserseen oder in Aquakulturen – hier gilt dann zum Beispiel aber das ASC-Siegel, dem wir uns in wenigen Sekunden widmen.

Das MSC-Label darf von den Unternehmen der Fischindustrie nur verwendet werden, wenn sie nachweisen können, die Meerestiere auch wirklich nicht zu überfischen. Das soll der besseren Regeneration der Meeresbewohner dienen, denn die Arten bleiben in größerer Anzahl zur Fortpflanzung erhalten.

Das Label für nachhaltige Fischerei soll auch dafür sorgen, dass der Lebensraum der Meeresbewohner intakt bleibt: Fangmethoden, die den Meeresboden schädigen, sind darum ebenfalls untersagt – also etwa Grundschleppnetze. Dasselbe gilt für übermäßigen Beifang: Das unbeabsichtigte Fangen fremder Arten ist unerwünscht. Fischereien, die das Label führen, werden alle fünf Jahre von einer unabhängigen Kommission überprüft.

2. Das ASC-Siegel: Aquaculture Stewardship Council

Auch die Initiatoren dieses Labels haben erkannt, dass eine nachhaltige Fischerei absolut notwendig ist, um die Bestände zu erhalten. Das ASC-Siegel zeigt seit 2010 an, dass der gekaufte Fisch oder die Meeresfrüchte aus zertifizierten, verantwortungsbewussten Aquakulturen oder aus nachhaltigen Süßwasserbeständen stammen – und zudem im Umkehrschluss, dass der Fisch nicht in den Weltmeeren gefangen wurde. Damit ist das Siegel das „Gegenstück“ zum MSC-Zertifikat, da es sich nicht auf wildlebende Meeresfische bezieht

Ziel des Logos ist es, dass die weltweiten Standards auch in der Fischzucht und in den Fischfarmen verantwortungsvoll und nachhaltig sind. Wer das Logo führt, muss deshalb folgende Kriterien einhalten:

  • Keine Tierquälerei I: Die Wasserqualität muss gut sein und der Standort der Aquakultur muss den Lebensbedingungen der Tiere entsprechen.
  • Keine Tierquälerei II: Die natürliche Sterblichkeit in der Zucht muss nachgewiesener Maßen niedrig sein und kranke Fische müssen nach bestimmten Vorschriften behandelt werden. Antibiotika dürfen zudem nur bei medizinischer Notwendigkeit verabreicht werden und nicht prophylaktisch ohne begründeten Anlass.
  • Das Fischfutter muss in der Herkunft zurückverfolgt werden können und darf nicht aus überfischten Beständen produziert worden sein.

3. Naturland-Zertifizierung für Fisch: Bio-Siegel für nachhaltigen Fischeinkauf

Das Naturland-Siegel gilt als das strengste der drei Zertifizierungen. Auch dieses Logo unterstützt nachhaltige und umweltschonende Bemühungen in der Fischerei. Es ist hauptsächlich auf Produkten in Bio-Geschäften zu finden. Das Siegel überprüft sowohl die Lebensbedingungen in Fischzuchten als auch die Fangstandards in der Hochseefischerei. Naturland will also beide Möglichkeiten für einen fairen Genuss von Fisch und Meeresfrüchten in einer Zertifizierung mit seinen Ansprüchen verbinden:

  • Das Futter in den Aquakulturen muss gentechnikfrei sein.
  • Tierrechtliche Mindeststandards in der Zucht und beim Fang müssen eingehalten werden.
  • Die Produktions- und Lieferketten müssen transparent und nachverfolgbar sein – bis zum Endverbraucher.
  • Die Meeresumwelt und Artenvielfalt muss geschützt werden, das Siegel legt Wert auf einen achtsamen Umgang mit dem Ökosystem. Das heißt, umweltschädigende Fangmethoden wie Schleppnetze sind verboten, ebenso das Fangen geschonter Bestände.

Daneben zertifiziert das Siegel zudem auch die menschenwürdigen Bedingungen für die Angestellten in der Fischerei: Naturland legt Wert auf gute Sozialstandards an Bord der Schiffe und in den fischverarbeitenden Betrieben.

Nachhaltiger Fisch: Das gilt!

Sie sehen, nachhaltigen Fisch zu kaufen ist leider gar nicht so einfach. Aber es ist zumindest machbar, sich an einigen Kriterien entlang zu hangeln, um bei der richtigen Wahl nicht falsch zu liegen. Dazu konnten wir Ihnen hoffentlich ein wenig Informationen mitgeben.

Kleiner Tipp: Fassen Sie Fisch doch einfach als Delikatesse auf. Wenn er nur noch von Zeit zu Zeit auf den Tisch kommt, aber keinesfalls mehrmals die Woche, steht dem (moderaten) Konsum eigentlich nichts im Weg.