Energie und Heizungs-Wärme selbst erzeugen - nur eine schöne Idee?

Haben Sie zum Start in den Herbst 2022 auch zwei Mal überlegt, als Sie die Heizung aufdrehen wollten? Und kippen auch Sie aktuell etwas häufiger den Schalter an der Mehrfachsteckdose um, wenn es gerade keine Geräte zu laden gibt? Dann geht es Ihnen wie den Menschen in über acht Millionen Haushalten in Deutschland, deren Gas- und Stromanbieter die gestiegenen Energiekosten an die eigenen Kundinnen und Kunden weiterreichen. Das kann einige hundert Euro mehr auf der Abschlussrechnung bedeuten.  

Doch: Wenn die Verunsicherung steigt, sind YouTube und Co. nicht weit! Immer mehr DIY-Ratgeber zum Energiesparen und Energie Selbsterzeugen machen die Runde. Da wird in Spülmaschinen gegart oder ein Parkour zum warm Turnen für die fröstelnden Kinder in der Küche aufgebaut.  

Schwitzen statt Heizen? Klingt logisch.  Aber nicht unbedingt alltagstauglich. Damit es Ihnen bei all den irrwitzigen Ideen nicht letzten Endes kalt den Rücken runter läuft, nehmen wir Sie mit auf eine Reise durch die Welt der nicht ganz so gängigen Methoden, um der Energieknappheit ein Schnippchen zu schlagen. Bereit? Dann alle Lampen an!  

1. Heizen mit Tontöpfen

Ein Klassiker unter Do-it-Yourself-Projekten - meint jedenfalls unsere Autorin. Für alle, die eine Alternative zur Heizung suchen und Kerzenlicht ohnehin ganz schön finden, schlägt das Internet den Bau einer eigenen "Tontopf-Heizung" vor. Und so geht's: Mehrere Teelichte brennen unter einem umgedrehten Tontopf. Wobei natürlich ein Spalt offenbleibt, damit die Flammen Luft bekommen. Der Topf erhitzt sich und heizt somit auch seiner Umgebung ordentlich ein.   

  • Strom-erzeugen-Faktencheck: Ja, Feuer gibt Wärme ab. Doch leider können ein paar Teelichte auch unter noch so vielen irdischen Gefäßen lange nicht genug Energie abgeben, um damit einen ganzen Raum zu erhitzen. Sie sind also kein Ersatz für ein klassisches Heizsystem. Da die Kosten für ein (!) Startermodell aber überschaubar sind, können Sie es einfach mal selber ausprobieren! Romantisch und etwas wärmer wird es allemal. 
  • Schwierigkeitsgrad: Einfach.
  • Heiz-Wirkung: Überschaubar.
     

2. Windenergie aus dem eigenen Garten, ganz ohne Windrad?

Schwebende Turbinen und Windräder für den Hausgebrauch? Wenn es draußen ordentlich stürmt, ist der Gedanke gar nicht so abwegig: Einfach eine eigene kleine Windkraftanlage auf dem Dach oder im Garten installieren – und der Wind-“Dynamo” liefert gratis Energie!   

Das Problem: Viel mehr als ein Windspiel ist als DIY-Projekt in der Regel leider nicht drin. Einige der bisherigen Windanlagen für Privatnutzer im heimischen Garten kosten sogar mehr Strom als sie erzeugen. Außerdem sind so genannte “Kleinwindanlagen” nicht ganz geräuschfrei. Die Nachbarn könnten schnell ein Veto einlegen. Was aber auch bedeutet: Hier gibt es echten Forschungsbedarf! Bastler finden auf YouTube Ihresgleichen und können das Beste aus ihren (neuen) Ideen herausholen. Praktischer kann man die Energiewende kaum mitgestalten.  

Eine spannende Idee aus dieser Ecke kommt aus Polen: Dort hat ein Start-up Gartenzäune aus “Wind-Tafeln” entwickelt. Wer sein ganzes Grundstück damit umzäunt, so das Versprechen, kann seinen Haushalt selbst mit Strom versorgen. Sonnen- und Windenergie in einem kann in Eigenregie zu Strom umwandeln, wer den “Greenerator” des amerikanischen Designers Jonathan Globerson nutzt. Der lässt sich selbst am kleinsten Mietbalkon befestigen und soll genug Strom produzieren, damit zumindest der Kühlschrank autark läuft.  

  • Strom-erzeugen-Faktencheck: Funktioniert, aber leider nicht als günstiges DIY-Projekt. Es gibt aber spannende Alternativen zur Stromerzeugung mit Wind.
  • Schwierigkeitsgrad: Relativ hoch.
  • Heiz-Wirkung: Gering bei DIY-Windrädern.

Schon gewusst?

Auch die Bayerische setzt auf Windkraft. Der Pangaea Life Blue Energy-Fonds leistet mit Investitionen unter anderem in Windparks in Dänemark und Norwegen einen unmittelbaren Beitrag zur Energiewende. 

3. Here comes the sun: Solarstrom "to go" erzeugen?

Vielleicht haben Sie sie in der zurückliegenden Freibadsaison auch schon gesehen: Trag- und zusammenklappbare Solaranlagen, die den Handy-Akku versorgen und damit die nicht selten viel zu laute Musik der Badegäste mit DIY-Energie am Laufen halten.  

Und so einfach kann es auch sein: Solarstromanlagen für Balkon, Terrasse, Hauswände oder die Hütte im Schrebergarten sind meist sehr unkompliziert einzurichten. Teils geht es sogar noch einen Schritt weiter: Über einen handelsüblichen Stecker fließt der gewonnene Strom direkt ins häusliche Stromnetz. Dafür wandelt ein Wechselrichter die Energie von Gleichstrom in den bekannten Wechselstrom um. So kann er für den Betrieb von Haushaltsgeräten genutzt werden. Auch Sets mit Speicherbatterien gibt es im Handel. In fünf bis sieben Jahren, so die durchschnittliche Rechnung, amortisieren sich Stecker-Solargeräte.  

Übrigens: Vergessen Sie bitte nicht, eine Einspeisung beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister zu beantragen und die entsprechende Erlaubnis einzuholen. Sonst machen Sie sich nämlich strafbar. Sollten Sie zur Miete leben und Strom über Ihre DIY-Energieanlagen einspeisen wollen, informieren Sie unbedingt auch Ihren Vermieter oder Ihre Vermieterin. Weiterer Wehrmutstropfen der sonnigen Strom-Selbstversorgung: Gerade dann, wenn wir eine Extraportion Sonnenenergie dringend nötig hätten, schwächeln die Solaranlagen für den Eigengebrauch noch. Im Winter liefern sie kaum Ertrag.  

  • Strom-erzeugen-Faktencheck: Mit dem richtigen Setup steht dem Gewinnen eigener Solarenergie nichts im Wege. Selber bauen ist dennoch eher schwierig.
  • Schwierigkeitsgrad: Als DIY sehr anspruchsvoll, mit zugekauften Komponenten zur Stromerzeugung aber machbar.
  • Heiz-Wirkung: Abhängig von Sonnenstunden und Anlagengröße, kann aber funktionieren.
     

Unser Experten-Tipp:

Achten Sie beim Kauf auf Qualität. Kabelbrände durch Überlastung gehören zu den häufigsten Brandursachen in den eigenen vier Wänden. Eine Solaranlage selbst zu bauen, kann daher auch nicht ganz ungefährlich sein. Ohne entsprechende Absicherung sind die finanziellen Grenzen schnell überschritten. Eine Wohngebäudeversicherung ist für Immobilienbesitzer daher existentiell.

4. I got the power: Strampeln für den eigenen Strom?

Der Strom kommt aus der Steckdose – wenn die Rechnung nicht mehr aufgeht, ist das zu kurz gedacht. Zahlreiche Erfinderlinge basteln daher täglich an Möglichkeiten, im Alltag und über den eigenen Körper Strom zu erzeugen. Nun gut, Hamsterräder unterm Bürostuhl haben sich nicht durchgesetzt. Wen wundert’s? Aber die Effizienz der körpereigenen Powerbanks wächst. Immerhin produziert ein Mensch im Ruhezustand etwa 80 Watt und gibt so viel Wärmeenergie ab wie eine 100-Watt-Glühbirne. Und ein Teil dieser Energie kann tatsächlich in Strom umgewandelt werden! 
Eben nicht zuletzt dank vieler guter Ideen: 

  1. Es gibt einen Fußball, der die Energie aus dem Spiel nutzt und speichert. Nach einer halben Stunde Kicken soll genug Energie vorhanden sein, um eine Lampe drei Stunden lang zu betreiben – versprechen die Entwickler. 
  2. Das Forschungszentrum für neue Energien an der Tibet-Universität hat Gebetsmühlen erfunden, die bei fleißiger Drehung das Handy laden können.  
  3. Ein junges, innovatives Schweizer Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, die menschliche Körperwärme über Kleidung in Strom umwandelt. 
  4. Es gibt auch Pullover oder T-Shirts mit so genannten "piezo-elektrischen" Fasern – bewegt sich der Träger oder die Trägerin des Kleidungsstücks, wird Energie erzeugt.  
  5. Wissenschaftler arbeiten auch an Glukose-Brennstoffzellen, die aus Zucker und Sauerstoff im Blut genug Energie erzeugen sollen, um zum Beispiel einen Herzschrittmacher mit Strom zu versorgen.

Generell können Sie als Bastler oder Bastlerin natürlich jede Bewegung in Strom verwandeln, angefangen mit dem Fitnessfahrrad oder einem anderen Heimtrainer. Dazu gibt es auch schon fertige Lösungen auf dem Markt. Wie bei allem bleibt jedoch ein Haken: Selbst fleißigstes Strampeln reicht nicht, um einen durchschnittlichen deutschen Haushalt im Winter mit ausreichend Strom und Wärme zu versorgen.

  • Strom-erzeugen-Faktencheck: Ja, Bewegung erzeugt Wärme und Energie - aber leider bei weitem nicht genug, um damit die eigenen vier Wände zu heizen.
  • Schwierigkeitsgrad: Je nach Energiegewinnungs-Gadget einfach, aber schweißtreibend.
  • Heiz-Wirkung: Leider recht überschaubar.
     

5. Sie wohnen an einem fließenden Gewässer? Dann her mit dem eigenen Wasserkraftwerk(chen)!

Das energieautarke Haus – das vielleicht größte Projekt für DIY-Fans. Wir sagen: Lage, Lage, Lage! Bestenfalls liegt ihr Anwesen nämlich an einem hauseigenen Bach. Es gibt einige Erfinder, die entsprechende Turbinen für das fließende Privatgewässer anbieten. So könnten Sie auch wieder direkt selbst gewonnenen Strom ins Netz einspeisen. Allerdings: Die Vergütung ist schon jetzt überschaubar. Dennoch wurden die privaten kleinen Bach-Wasserkraftwerke bisher sogar staatlich gefördert. Wie es aussieht, könnte das aber schon bald vorbei sein, denn aktuell (Oktober 2022) will das Wirtschaftsministerium zukünftig den privaten Wasserkraftwerken die Förderung entziehen. Und das Projekt durch die Behörden zu tragen, war bis dato schon kein Leichtes.  

  • Strom-erzeugen-Faktencheck: Funktioniert und ist ein echtes DIY-Projekt - jedenfalls für alle, die an einem Bach wohnen.
  • Schwierigkeitsgrad: Anspruchsvoll, aber mit der entsprechenden Anleitung für geübte Heimwerker und Heimwerkerinnen durchaus machbar.
  • Heiz-Wirkung: Wenig bis mittel, aber meist leider auch nicht genug.

Strom und Wärme als DIY-Projekt – eine gute Idee?

Fassen wir zusammen: Es gibt unzählige Möglichkeiten, in Eigenregie Strom und Wärme zu erzeugen. Bis dato ist der Output allerdings noch überschaubar, Genehmigungsverfahren erschweren die Umsetzung und es gibt einige Risiken für alle, die mit Strom hantieren. Blicken wir nur auf das Thema Solarenergie, sehen wir aber auch, dass die Forschung alleine in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht hat. Klein(st)anlagen zur Energiegewinnung werden immer besser!

In Kombination mit energieeffizienten Immobilien ist es also gar nicht unwahrscheinlich, dass immer mehr Haushalte autark in ihrer Energieversorgung werden. DIY-Strom und Wärme-Projekte helfen nicht zuletzt, einen entscheidenden Wissensvorsprung für diese neuen Zeiten zu bekommen. Und nichts ist verkehrt daran, wenn es einem beim Tanz mit der Familie durch die Küche zumindest warm ums Herz wird.