Grundfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit: Die Unterschiede!

Als Berufseinsteiger oder schon mit ein paar Jahren Berufserfahrung, egal ob im Handwerk oder am Schreibtisch – wer als Angestellter arbeitet, hat im Kollegen- und Freundeskreis davon meist schon etwas mitbekommen. Ein Kollege ist krank und kann länger nicht mehr bei der Arbeit erscheinen. 

Ob nun wegen Rückenproblemen, der Bandscheibe, einer dauerhaften Sehnenscheidenentzündung oder psychischen Erkrankungen wie Depression, Sucht und Burnout. Für den Kollegen kann das unfreiwillige Fehlen am Arbeitsplatz leider unangenehme Folgen haben. Und das auf Dauer, denn von der eigenen Gesundheit hängen in der Regel auch der Job und damit das Gehalt ab. 

Doch das Problem ist leider kein Einzelfall. Jährlich trifft es bis zu 300.000 Arbeitnehmer in Deutschland. Oder anders ausgedrückt: Im Laufe des Berufslebens jeden Fünften. Kein Wunder, dass sich deshalb jedes Jahr unzählige junge Arbeitnehmer darüber Gedanken machen, was man aktiv tun kann, um die eigene Arbeitsleistung und das Einkommen auch im Krankheitsfall gut abzusichern.

Damit Sie mit solchen Gedanken nicht auf sich allein gestellt sind, haben wir heute mal etwas Aufklärungs-Input für Sie vorbereitet. In den folgenden Zeilen zeigen wir Ihnen nämlich, was Sie tun können, um sich vor dem Risiko einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit (finanziell) zu schützen – und was eher nicht.

Dafür haben wir uns die verschiedenen Versicherungen angeschaut und miteinander verglichen – und zeigen, worauf es wirklich ankommt:

  • Was sind die größten Risiken für einen Verlust der Arbeitskraft – und was kann man gegen das Risiko unternehmen?
  • Was sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Policen und wann greifen die Versicherungen?
  • Für wen lohnt sich welche Versicherung?

Verlust der Arbeitskraft: Was sind die größten Risiken?

Die häufigsten Ursachen für eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sind schnell aufgezählt – und sehr offensichtlich. Neben Problemen mit dem Herz-Kreislauf-System zählen nämlich auch Krebserkrankungen zu den größten Risikofaktoren. Dazu gesellt sich eine ganze Reihe psychischer und nervlicher Leiden (fast 30 Prozent). Auch Unfälle und Erkrankungen von Skelett und Bewegungsapparat spielen eine große Rolle. 

Das zeigt: Der Verlust der Arbeitskraft kann wirklich jeden treffen. Nicht nur körperliche Jobs sind gefährdet, auch klassische Schreibtischjobs.

Unterschiede zwischen Unfall-, Grundfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsversicherung

Wer bei einer Arbeitsunfähigkeit (AU) keine Vorsorge getroffen hat, steht oft dumm da. Die staatliche Absicherung für solche Fälle ist in den letzten Jahren immer schlechter geworden. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, aber in den letzten fünf Jahren mindestens 36 Monate in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, bekommt in der Regel nicht viel Geld. Im Durchschnitt nur 716 € Erwerbsminderungsrente im Monat. Das ist definitiv zu wenig für Miete, Familie oder Speis und Trank.

Sicher informiert:

Wenn Sie wissen wollen, wie hoch Ihre gesetzliche Erwerbsminderungsrente ausfallen würde, können Sie das Ihrer Renteninformation entnehmen. Die bekommen Sie nach dem fünften Jahr als Arbeitnehmer einmal jährlich zugesendet.

Dazu sind die Regelungen recht streng. Anspruch haben Sie nämlich nur, wenn Sie in keinem Beruf mehr länger als drei Stunden arbeiten können. Ansonsten kürzt der Staat. Dazu kommt, dass fast jeder zweite Antrag auf die staatliche Rente abgelehnt wird – private Vorsorge ist also wirklich nötig.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Versicherung bei Berufsunfähigkeit gehört zu den wichtigsten (und umfassendsten) Schutzpolicen für Arbeitnehmer. Wer den Versicherungsschutz abgeschlossen hat, bekommt im Falle einer Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente von der Versicherung ausgezahlt. Die Höhe der Versicherungssumme ist bei Abschluss des Vertrags frei wählbar und sollte mindestens 80 Prozent des Nettogehalts betragen – so lautet die Empfehlung.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist dabei an die letzte berufliche Tätigkeit gekoppelt, bezieht sich also nicht auf eine komplette Invalidität. Das ist gut: So bekommen Sie bereits Leistungen, wenn Sie in Ihrem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr arbeiten können. Der Versicherer kann Sie also nicht auf ein anderes Berufsfeld verweisen (eine Praxis, die als „abstrakte Verweisung“ früher recht üblich war), sondern zahlt im Unglücksfall direkt. Also in der Regel dann, wenn Sie Ihren aktuellen Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben können. 

Übrigens: Ob es durch Unfall oder Krankheit zur Berufsunfähigkeit kam, ist dabei nicht wichtig.

Noch einmal kurz zusammengefasst: Ein Berufsunfähigkeitsversicherung sollte also immer auf eine so genannte abstrakte Verweisung verzichten. Ein guter Tarif beinhaltet zudem in der Regel eine kleine Gesundheitsprüfung. Das sind meist kurze Gesundheitsfragen, die Sie wahrheitsgemäß beantworten müssen.

Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung

Eine wichtige Stütze im Arbeitsleben kann auch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) werden. Sie hilft ebenfalls bei einem Verlust der Arbeitskraft. Allerdings lange nicht so umfassend wie die Berufsunfähigkeitsversicherung. Dafür ist sie meist günstiger.
Während die BU bereits zahlt, sobald Sie als Versicherter höchstens noch 50 Prozent Ihrer letzten beruflichen Tätigkeit ausüben können, leistet die Erwerbsunfähigkeitsversicherung erst wesentlich später. Die Versicherungsleistung hängt nämlich nicht mit Ihrer letzten Berufstätigkeit zusammen, sondern davon ab, ob Sie überhaupt in der Lage sind zu arbeiten. Die EU zahlt nämlich in der Regel nur dann, wenn Sie – in egal welcher Tätigkeit – maximal noch drei Stunden pro Woche arbeiten können. Sie müssen also mit einer Umschulung rechnen. Denn der Gärtner kann eventuell noch am Empfang arbeiten, der PR-Berater auch. Klingt also nicht ganz so knorke – darum haben wir übrigens auch keine.

Sie sehen: Die Erwerbsunfähigkeitsrente schützt Sie lange nicht so umfassend wie die BU. Wie sie erwerbsunfähig werden, spielt aber immerhin auch hier keine Rolle. Egal ob durch Krankheit oder einen Unfall – sobald Sie ärztlich attestiert betroffen sind, können Sie die vertragliche Leistung in Anspruch nehmen.

Die Grundfähigkeitsversicherung

Auch die Grundfähigkeitsversicherung stellt eine gute Möglichkeit dar, die Erwerbsminderung finanziell aufzufangen. Die Versicherung bietet nämlich Schutz und zahlt eine vereinbarte Rente, wenn elementare Fähigkeiten verlorengehen: Also zum Beispiel Greifen, Hören, Sehen, Sprechen, Gehen oder Denken.

Wie bei der EU- oder BU-Versicherung ist es auch hier im Übrigen nicht wichtig, auf welche Art Grundfähigkeiten verloren wurden. Im Gegenzug darf man aber nicht vergessen, dass eben nicht die direkte Arbeitskraft, sondern „nur“ bestimmte Fähigkeiten abgesichert sind. Die definieren Sie zum Abschluss der Versicherung – und können dabei meist zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen. 

Klingt kompliziert? Mit einem recht extremen Beispiel wird es sicher klarer: Stellen Sie sich vor, Sie versichern Ihre elementaren Fähigkeiten „Greifen“, „Sehen“ und „Sprechen“ in einer entsprechenden Grundfähigkeitsversicherung, nicht aber „Stehen“. Sollten Sie nach einem Unfall querschnittsgelähmt sein und Ihren Job, beispielsweise in einer Metallfabrik, nicht mehr ausüben können, wäre das ein Problem. Jedenfalls dann, wenn Sie keine zusätzliche Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

Übrigens: Eine gute Grundfähigkeitsversicherung sollte bereits nach sechs Monaten greifen und nicht erst nach zwölf. Denn so haben Sie eine Hürde für eine zeitweilige Berufsunfähigkeit schon deutlich gesenkt und profitieren früher von den Leistungen.

Die Unfallversicherung

Eine Unfallversicherung zahlt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die körperliche Beeinträchtigung, also die Invalidität, muss dauerhaft sein. Ein gebrochenes Bein allein ist für eine höhere Schadenssumme kein Grund, hier müssen ja in der Regel auch keine mit dem Unfall verbundenen Zusatzkosten gedeckt werden.

Bei der Unfallversicherung werden Körperteile, also Knie, Hände oder Arme im Rahmen einer „Gliedertaxe“ versichert. Ist ein Körperglied dauerhaft beschädigt und nicht mehr einsatz- und arbeitsbereit, tritt der Leistungsfall ein. Das läuft meistens über einen Einmalbetrag als Schadensersatz, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Die Unfallversicherung zahlt also in der Regel keine regelmäßige Rente. Eine weitere Einschränkung ist, dass der Gesundheitsschaden bei einem Unfall passiert sein muss. Krankheit ist also nicht abgesichert.

Da der gesetzliche Unfallschutz nicht bei Unfällen in der Freizeit greift (und das sind immerhin 70 Prozent), kann die private Unfallversicherung eine gute Ergänzung oder Alternative sein, wenn man eine bessere Absicherung sucht.

Für wen ist welche Versicherung geeignet?

Berufsunfähigkeitsversicherung oder Unfallversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder Grundfähigkeitsversicherung? Für wen welche Versicherung geeignet ist, zeigen wir Ihnen jetzt in unserem Vergleich.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist besonders für Erwerbstätige und Selbstständige sinnvoll, die nicht auf ihr regelmäßiges Einkommen verzichten können. Auch Studenten und Berufsanfänger können sich mit einer BU günstig versichern und haben so mehr Möglichkeiten, im Leistungsfall von einem Schutz zu profitieren. Da der aktuelle Gesundheitszustand mit darüber entscheiden kann, ob eine BU-Versicherung überhaupt möglich ist, sollte Sie immer früh abgeschlossen werden.

Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist zwar günstiger als eine Berufsunfähigkeitsversicherung, leistet aber in deutlich weniger Fällen. Eine EU-Versicherung sollte darum vor allem dann ins Auge gefasst werden, wenn eine BU aufgrund von schwereren oder chronischen Vorerkrankungen nicht abgeschlossen werden kann. Auch bei Risikoberufen wie Dachdeckern können die Beiträge für eine BU sehr hoch ausfallen. Eine EU, Unfallversicherung oder die Grundfähigkeitsversicherung kann darum in einigen Fällen die bessere Lösung sein. Auch bei Risikoberufen sollte aber auf ein Mindestmaß an Schutz nicht verzichtet werden.

Eine private Unfallversicherung lohnt sich vor allem in Kombination mit einer der drei wichtigen Absicherungsvarianten für die eigene Arbeitskraft. Zum einen zahlt die UV in der Regel keine regelmäßige Rente, zum anderen nur bei Unfall und nicht bei Krankheit. Letzteres ist als Risiko jedoch größer. Die klassische Unfallversicherung lohnt sich daher vor allem dann, wenn Sie riskanteren Hobbys oder Extremsportarten nachgehen. Dennoch sollten Sie natürlich auch beim Abschluss einer Unfallversicherung nachfragen, ob Ihre riskante Sportaktivität in der Police mitversichert ist.

Eine Grundfähigkeitsversicherung lohnt sich oft für Handwerker oder bei körperlichen Tätigkeiten, wenn die Kosten für eine BU zu hoch erscheinen – oder der Abschluss einer „echten“ Berufsunfähigkeitsversicherung gar nicht erst möglich ist. Praktischerweise ist die Grundfähigkeitsversicherung verhältnismäßig günstig, kann aber einen Verlust der Arbeitskraft finanziell recht gut auffangen. 

Trotzdem gilt: Keine Absicherungsalternative bietet einen so umfassenden Schutz für den Erhalt des Lebensstandards wie die Berufsunfähigkeitsversicherung. 

Wann sollte man sich besser gegen Invalidität und Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit absichern?

Dass eine Absicherung der Arbeitskraft mit einer privaten Police eine gute Idee ist, wissen die meisten Deutschen. Dennoch setzen viele Menschen den Schritt vor allem in jungen Jahren nicht um, da ihnen der finanzielle Aufwand schlicht zu hoch erscheint. 

Das kann zum Problem werden, sollte schon als Student oder Azubi ein dauerhafter beruflicher Ausfall drohen. Zudem sind die monatlichen Beiträge beim Abschluss einer Versicherung im Alter deutlich höher. Eine frühe Entscheidung für einen sicheren Lebensunterhalt (auch im Krankheitsfall) ist darum immer zu empfehlen. Das schont den Geldbeutel und erhöht die Sicherheit im Fall des Falles.