Im Bewerbungsgespräch: Wann Ehrlichkeit nicht am längsten währt

Das Bewerbungsgespräch ist eine besondere Bewährungs-Situation. Vor allem junge, unerfahrene Bewerber fühlen sich daher im Vorfeld häufig gestresst und angespannt. Doch das müssen sie nicht: Denn die erste Hürde wurde nach der Einladung zum Vorstellungsgespräch bereits mit Erfolg gemeistert, der Traumjob erscheint nun zurecht zum Greifen nahe. Und mit unseren Tipps ist man gleich noch einen Schritt weiter!
Denn pünktlich zum Tag der Ehrlichkeit wollen wir mit Ihnen einen spannenden Blick auf das Gebot der Wahrheit im Vorstellungsgespräch legen.

Da immerhin 58 Prozent der Deutschen zugeben, täglich zu lügen, könnte das selbst im Bewerbungsgespräch eine Rolle spielen.

Und tatsächlich: Vorstellungsgespräche bilden keine Ausnahme. Ob Ehrlichkeit auch im Vorstellungsgespräch immer am längsten währt oder nicht, soll daher in diesem Ratgeber unser Thema sein. Und ebenso, wann es denn im Falle des Falles doch einmal erlaubt ist, zu einer kleinen Notlüge zu greifen. Gar nicht so einfach für die meisten Bewerber. Aber bei uns erfahren Sie zum Glück mehr!

Ehrlichkeit währt am längsten, auch im Bewerbungsgespräch. Oder doch nicht?

Vorstellungsgespräche sollten grundsätzlich ehrliche Situationen sein. Schon allein deshalb, damit beide Parteien wissen, woran sie sind. Denn spätestens in der Probezeit kommt vieles ohnehin ans Licht. Grobe Unwahrheiten haben daher keinen Bestand und richten auf beiden Seiten nur vermeidbaren Schaden an. 

Lügen haben daher im Vorstellungsgespräch nicht nur kurze Beine, sondern mitunter sogar ernste Folgen – wie etwa die schnelle Kündigung trotz Zusage. Die wichtigste Aufgabe im Bewerbungsgespräch, nämlich im persönlichen Dialog zu überzeugen, sollte daher ohne Lüge gelingen.

Zudem ist ein eher banal klingender Tipp oft besonders wichtig: Vorbereitung ist alles! Denn viele  Recruiter zeigen sich im Vorstellungsgespräch nicht von ihrer kreativsten Seite und schöpfen aus dem immergleichen Portfolio erwartbarer Fragen. Neben der eigenständigen Vorbereitung auf ebendiese Standard-Fragen hilft es vielen Bewerbern, die ungewohnte Situation zu Hause mit Freunden ein wenig durchzuspielen. Die meisten Fallstricke lassen sich hierdurch bereits vermeiden.

Ein Beispiel: Kommt etwa nach längerer Arbeitslosigkeit die Frage auf, wie die Zeitspanne produktiv gefüllt wurde, kann zu viel Ehrlichkeit auch kontraproduktiv sein. Ein spontanes „Ich hatte Lust auf große Pause“ ist nämlich leider weder witzig noch zielführend – meistens jedenfalls.

Recruiting-Weisheit: Gute Vorbereitung ist die halbe Zusage!

Haben Sie sich dagegen mit dieser oder einer ähnlichen Frage schon zu Hause beschäftigt, klingt die richtige und wahrheitsgemäße Antwort vielleicht gleich viel überzeugender: Denn Sie könnten dann beispielsweise in aller Ruhe darlegen, wie Sie Ihre Auszeit produktiv genutzt und Ihre Stärken optimiert haben. Und weshalb Sie nun voller Tatendrang und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.

Eine gesunde Vorbereitung bildet also das A und O. Doch auch wenn Sie in den meisten Fällen mit Ihrer klugen Ehrlichkeit bereits die Tür zu Ihrem Traumjob weit aufgestoßen haben, gibt es Fragen, bei denen die Dinge anders liegen. Denn nicht jede Frage kann – oder besser: darf – Ihnen auch gestellt werden!

Obacht vor diesen Fragen: Was man Sie als Bewerber nicht fragen darf!

Das Ziel bei den meisten Fragen ist klar: Sind Sie in der Lage, selbstsicher und überzeugende Antworten zu geben? Ist es Ihnen möglich, in einer stressigen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren? Außerdem wollen die Personaler natürlich wissen, ob Sie auch fachlich fundierte Antworten liefern können. Sofern die Fragen dabei mit der ausgeschriebenen Stelle in Zusammenhang stehen, ist das völlig in Ordnung. Gerade auch Fragen zu vorherigen Arbeitgebern, Ihren Tätigkeiten dort oder zu absolvierten Fortbildungen dienen der Prüfung Ihrer Qualifikation – und somit der Passgenauigkeit Ihrer Bewerbung.

Rückt das Thema allerdings davon ab, ändert sich die Situation. Und das scheint gar nicht mal so selten vorzukommen, wie führende Leitmedien immer wieder berichten. Es ist also auch für Sie als Bewerber wichtig zu wissen, welche Fragen gestellt werden dürfen – und welche nicht. Grundsätzlich unzulässig im Bewerbungsgespräch sind zum Beispiel Fragen dieser Kategorien:

Verbotene Arbeitgeber-Frage I: „Wie stehts denn um die Familienplanung?“

Bestes Beispiel: Die Frage nach einer Schwangerschaft ist unzulässig, da sie Frauen gegenüber Männern diskriminiert. Unzulässig sind zudem Fragen zum Familienstand oder nach einem künftigen Kinderwunsch. Männer müssen übrigens bei diesen Fragen ebenfalls nicht wahrheitsgetreu antworten. Auch Fragen zur sexuellen Orientierung sind für Personaler tabu und haben in einem professionellen Vorstellungsgespräch nichts verloren. Auch in diesem Fall haben Sie das Recht zur (Not-)Lüge.

Verbotene Arbeitgeber-Frage II: „Wie steht‘s denn um Ihre persönliche Weltanschauung?“

Auch Fragen nach persönlichen Überzeugungen rund um Kirche und Weltgeschehen haben grundsätzlich erstmal nichts mit Ihrer Qualifikation zu tun. Es geht Ihren Arbeitgeber schlichtweg nichts an, zu welcher Konfession sie sich bekennen. Auch Ihre politische Überzeugung ist nicht Gegenstand Ihrer beruflichen Qualifikation und daher unzulässig. Selbst die Frage nach gewerkschaftlicher Zugehörigkeit (ganz gleich, ob aktiv oder passiv) dürfen Sie getrost ignorieren.

Gut zu wissen: Ausnahmen von der Regel

Manchmal können Arbeitgeber-Fragen nach politischer oder religiöser Ausrichtung auch legitim sein. Etwa dann, wenn Sie sich bei einer kirchlichen Institution bewerben – oder bei einer klar positionierten politischen Zeitschrift als Redakteur anheuern wollen. Sie merken: Zulässige Ausnahmen von der Regel sind eher „speziell“.

Verbotene Arbeitgeber-Frage III: „Wie stehts denn um Ihre Gesundheit?“

Sie müssen ihrem potenziellen Arbeitgeber meistens keine Auskünfte über Gesundheitsbeschwerden geben. Dauer und Art vorausgegangener Erkrankungen sind ebenfalls kein zulässiges Thema. Und sogar Fragen nach bekannten Krankheiten in der Familie sind tabu. Denn gerade letztere könnten statistische Rückschlüsse zulassen. Bei Frauen gilt das beispielsweise auch für familiäre Fälle von Brustkrebs.

Anders stellt sich das Ganze dar, wenn die Fragen Ihre Arbeitsfähigkeit betreffen – und damit Ihre Eignung für den Job, für den Sie sich bewerben. Sind Sie als Friseur beispielsweise gegen Haarfärbemittel allergisch, teilen Sie das Ihrem zukünftigen Arbeitgeber besser unverzüglich mit. Auch wenn Sie an einer ansteckenden Erkrankung leiden –die sogar Ihre Kollegen gefährden könnte – dürfen Sie das nicht verschweigen. Mehr noch: In diesem Fall müssen Sie Ihren zukünftigen Arbeitgeber sogar von selbst über die potenzielle Gefahr informieren!

Auch eine Behinderung darf im Übrigen (natürlich!) keine Rolle spielen. Hier greift das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Können Sie nachweisen, aufgrund einer Behinderung diskriminiert worden zu sein, haben Sie sogar Anspruch auf Schadensersatz. 

Verbotene Arbeitgeber-Frage IV: „Wie steht es denn um Ihre finanzielle Situation?“

In den meisten Fällen sind auch diese Fragen unzulässig. Das bisherige Gehalt etwa bildet keinen maßgeblichen Referenzwert im aktuellen Vorstellungsgespräch. Denn schließlich kann diese Frage auch Ihre Verhandlungsbasis gegenüber dem neuen Chef schwächen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Sie bisher auf Provisionsbasis tätig waren. Denn das lässt womöglich Rückschlüsse auf Ihr Leistungspotenzial zu.

Sie müssen Ihrem potenziellen Arbeitgeber zudem auch niemals Ihre persönlichen Vermögensverhältnisse offenbaren – oder Ihren privaten Umgang mit Geld rechtfertigen. Selbst bei Lohnpfändungen müssen Sie nur dann wahrheitsgetreu antworten, wenn diese so hoch ausfallen, dass Ihrem Arbeitgeber ein Mehraufwand droht.

Neben diesen Punkten gibt es aber auch noch ein paar weitere Tabus. So ist nach dem AGG auch die Frage nach Ihrem Alter eigentlich nicht erlaubt. Ebenso sollten sich Arbeitgeber Fragen zu Vorstrafen oder Gefängnisaufenthalten eher verkneifen – es sei denn, sie hätten beispielsweise eine Freiheitsstrafe wegen Bankraub abgesessen und wollten nun Sicherheitschef in einem Geldinstitut werden. Und natürlich sind auch Fragen zur ethnischen Herkunft völlig unangebracht – und nicht erlaubt.

Sie werden es ahnen: Werden Sie mit diesen Punkten inhaltlich konfrontiert, besteht für Sie das Recht auf Lüge. Ihnen drohen somit keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, selbst wenn der Schwindel später auffliegen sollte. Das liegt am Sinn des AGG: Dessen gesetztes Ziel ist es nämlich, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“.

Keine Lust auf (Not-)Lügen im Bewerbungsgespräch? Oft geht es auch galanter!

Und wenn man Sie doch einmal etwas Verbotenes aus unserer No-Go-Liste fragt? Unser Tipp: Bleiben Sie ruhig und sachlich. Denn selbst wenn die Frage unprofessionell ist, geht es immer noch um Ihre Professionalität! Außerdem sollte Ihr Traumjob nicht an einem schlecht informierten Personaler scheitern. 

Neben der erlaubten Lüge gibt es noch weitere Möglichkeiten, mit einer unzulässigen Frage umzugehen. Allerdings ist schweigen meist eher kontraproduktiv und daher nicht zu empfehlen. Und den Fragensteller auf die Unzulässigkeit der Fragen hinweisen kann ebenfalls für Verstimmung im Bewerbungsgespräch sorgen. Wie also reagieren?

Am besten sollte man daher versuchen, unangenehme Fragen zu beantworten. Vor allem, wenn diese im Gespräch nicht die Regel sind. Sondern etwa ein Einzelfall. Das stellt erfolgreich Ihre Souveränität in den Vordergrund und zeigt, dass Sie sich und Ihre Anliegen selbstsicher vertreten können.

Fragt der Personaler Sie etwa einmalig nach Ihrem Kinderwunsch, so antworten Sie beispielsweise mit mehr als nur einem kurzen „Nein“. Selbst wenn Sie familiären Nachwuchs planen, kann ein ausführlicheres „Nein, mittelfristig nicht. Das ist mit meinem Lebenspartner auch bereits so verabredet“ die Situation einfach und ohne viel Aufhebung glätten. Fragt er allerdings ein weiteres Mal nach, zeigen Sie ihm gerne die Überschreitung einer Grenze auf. Aber bitte trotzdem freundlich!

Eine weitere gute Möglichkeit ist die direkte Gegenfrage: Fragen Sie den Personaler mit einem sympathischen Lächeln, inwiefern das Ihre Kompetenz tangiert. Denn dann ist er am Zug – und wird so schnell wohl nicht mehr unlautere Fragen stellen.

Doch um das nochmal ganz klar zu stellen: Kommen derart indiskrete und unzulässigen Fragen in einem Vorstellungsgespräch wiederholt vor, prüfen Sie innerlich die aktuelle Situation: Wollen Sie wirklich für ein Unternehmen arbeiten, in dem unlautere Fragen scheinbar zum Standard gehören? Oder gibt es vielleicht doch noch andere Arbeitgeber, die besser zu Ihnen passen?